Flüchtlinge: Das Einsatzprotokoll der Räumung
Eine Chronologie der Ereignisse des 26. November. Der Sendlinger Tor Platz war rund 12 Stunden gesperrt.
Mittwoch, 13 Uhr: Die Flüchtlinge verschärfen den Hungerstreik, verweigern Getränke.
16.45 Uhr: Der Flüchtlingskrisenstab berät sich. Ärzte schlagen Alarm. Hunger, Durst und die Kälte könnten dazu führen, dass einige ins Koma fallen. „Es könnten Menschen sogar sterben“, warnen die Mediziner.
17 Uhr: Einige Flüchtlinge brechen zusammen. Fünf werden mit dem Notarzt in Kliniken gebracht, zwei von ihnen sind bereits bewusstlos. Der Krisenstab entschließt sich zum Handeln. „Leben und Gesundheit der Menschen waren gefährdet“, sagt KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle. Die Vorbereitungen zur Räumung laufen an.
AZ-Kommentar zum Hungerstreik in München: Räumung am Sendlinger Tor - Richtige Entscheidung
20.45 Uhr: Die Tramlinien werden gesperrt, ebenso die Sonnen- und die Lindwurmstraße
21 Uhr: Der Einsatz läuft an. Polizisten fahren mit Blaulicht zum Sendlinger Tor. Sie bilden einen Absperr-Ring. Die Aktivisten sollen keine Hilfe von Sympathisanten bekommen. „Da waren Profis dabei. Die waren auch schon an Aktionen in Nürnberg, Würzburg und Berlin beteiligt. Fast schon eine Wandertruppe“, so Blume-Beyerle. Die Flüchtlinge sind auf die Räumung vorbereitet. In den umliegenden Straßen melden Sympathisanten über Handy jede Polizeibewegung.
Einige Flüchtlinge klettern auf zwei Bäume. Manche wagen sich bis in die Wipfel. Eine falsche Bewegung genügt und sie stürzen zehn Meter tief. Die Feuerwehr baut rund um die Stämme Sprungkissen auf.
21.42 Uhr: Der Versammlungsleiter hockt ebenfalls auf einem der Bäume. Die Stadt kann ihm den Räumungsbeschluss nicht übergeben. Deshalb wird der Text über Lautsprecher verlesen.
21.47 Uhr: Der Platz wird geräumt. Im Zelt befinden sich noch sieben Hungerstreikende. Sechs von ihnen räumen freiwillig das Feld, einer muss weggeführt werden.
Die Polizei setzt Spezialkräfte ein. Von Drehleiterfahrzeugen der Feuerwehr seilen sich Höhenretter ab. Die Demonstranten werden auf den Bäumen, aus der Luft und vom Boden aus in die Zange genommen. „Wir wollen keine gefährliche Situation provozieren“, so Polizeivize Robert Kopp, „wir wollten nicht überreagieren.“
21.58 Uhr: Psychologen bemühen sich, die Menschen in den Bäumen zum Aufgeben zu bewegen. Das wird mühsam..
22.23 Uhr: Einzelne Personen werden von Polizisten vom Platz geführt.
22.51 Uhr: Die Pavillons sind abgebaut. Einige Demonstranten bleiben in den Bäumen.
23.44 Uhr: Einige Flüchtlinge werden mit der Hilfe von Drehleitern aus den Bäumen geholt.
1:54 Uhr: Ein Flüchtling gibt freiwillig auf.
5.15 Uhr: Die Polizei scheut das Risiko, die übrigen gewaltsam herunterzuholen. Zu groß ist das Verletzungsrisiko.
6:15 Uhr: Ein weiterer Flüchtling klettert herunter.
6.35 Uhr: Noch einer gibt auf.
8:50 Uhr: Nach Gesprächen mit OB Dieter Reiter und der Polizei haben alle Flüchtlinge die Bäume verlassen. Am Boden wird weiter verhandelt.
9.10 Uhr: Die Verkehrssperren werden aufgehoben.
9:40 Uhr: Nach Gesprächen mit Reiter, Ministerin Emilia Müller und Polizeipräsident Hubertus Andrä beenden die Flüchtlinge den Streik. In der Matthäuskirche bekommen sie Fisch, Reis und Tee.
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