Flora und Fauna im Münchner Umland: Wahre Naturvergnügen erwandern
Rudolf Nützel kennt sich aus in der Natur. Der Diplom-Forstwirt steht seit 1995 an der Spitze des Bund Naturschutz in München, er weiß also, was sich links und rechts von Wanderpfaden interessantes entdecken lässt. In seinem neuen Wanderführer "Waldpfade: Bayerische Voralpen" (Bruckmann, 23 Euro) stecken also nicht nur schöne Touren drin, sondern darüber hinaus auch allerlei Wissenswertes über die Tiere und Pflanzen in den bayerischen Bergen.
Drei Touren dürfen wir Ihnen vorstellen. Also Mütze aufsetzen und ab in den Herbstwald.
Viel Spaß!
Durch die Rothenrainer Moore und Wälder: Suchen Sie nach der Gelbbauchunke!

Ausgangspunkt: Hinterrothenrain
Dauer: 1.50 Stunden
Strecke: 7,1 km
VON HINTERROTHENRAIN NACH WOLFSÖD
Wir starten unsere Wanderung im Weiler Hinterrothenrain beim Café Bolzmacher und spazieren durch den Weiler nach Südwesten. In den Bauernhöfen wohnen nicht nur der Bauer mit seiner Familie, sondern auch Schwalben, Spatzen, Hausrotschwänze und Stare. Vorbei an Obstwiesen mit Apfel, Birne, Zwetschge und Walnuss sowie Viehweiden erreichen wir das Rainerholz. Die Forststraße führt uns durch Fichten-Hochwald mit Tanne, Buche, Bergahorn, Esche, Kirsche, Zitterpappel und Vogelbeere. In der Naturverjüngung dominiert deutlich die Tanne. Die Bodenvegetation setzt sich zusammen aus Buschwindröschen, Beinwell, Immergrün, Leberblümchen, Sauerklee, Veilchen, Waldbingelkraut und Waldmeister.
VON WOLFSÖD NACH KREUT
Beim Gut Wolfsöd biegen wir an der dicken Eiche rechts auf den Schotterweg. Richtige Wölfe gibt es hier schon lange nicht mehr, nur die domestizierten Formen von klein bis groß haben hier Auslauf. Entlang der Rinderweiden geht es leicht bergab zu Schwarzerlen, Fichten-Beständen mit Esche, Bergulme, Moorbirke und Pappel. Ein schmaler Pfad durch Streuwiesen bringt uns zur Brücke über die Rottach . In den Pfützen lohnt es sich nach der Gelbbauchunke zu schauen. Der matschige Pfad führt durch ein Hochmoor, das überwiegend aus Torfmoosen besteht. Diese können mit ihren flaschenförmigen Zellen sehr gut Wasser speichern und auch Trockenperioden überstehen. Den lichten Moorwald bilden Moorbirke, Spirke, Waldkiefer, Faulbaum und Fichte. Die spezielle Hochmoorflora bilden auf dem nährstoffarmen Torfboden Scheidiges Wollgras, Rosmarinheide, Heidekraut, Rausch- und Heidelbeere. In den Streuwiesen gedeihen Mehlprimel, Stängelloser Enzian und Niedrige Schwarzwurzel. Wir verlassen die Feuchtlebensräume und spazieren rechts haltend durch Fichtenwald mit Tanne, Douglasie, Bergahorn, Moorbirke, Grauerle, Wildkirsche und Traubenkirsche. Kurz vor der Staatsstraße nehmen wir den Waldpfad, der uns über Bächlein hoch zur Ortschaft Kreut bringt. Von den Vogelarten können wir hören und beobachten: Buchfink, Amsel, Singdrossel, Dompfaff, Eichelhäher, Tannenmeise, Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen, Bunt- und Grauspecht. In Kreut (674 m) biegen wir am Feldkreuz mit der Thujahecke rechts ab und folgen dem Viehweg östlich der Häuser. Am rechten Wegrand steht ein Kirschbaum mit vielen Spechthöhlen, der den Rindern als Kratzbaum dient. Von hier oben zeigt sich das Bergpanorama von den Tegernseer über die Kocheler Berge bis zur Zugspitze.
VON KREUT ÜBER DIE TUFFSTEINSÄULE NACH HINTERROTHENRAIN
Am Weg Richtung Königsdorf stehen mehrere alte Wildkirschen. Am zweiten Querweg biegen wir rechts entlang einer Beerenplantage hinauf in den Hochwald, wo knorrige Eichen das Eingangstor bilden. Beim Holzlagerplatz nehmen wir den Waldweg nach rechts, der uns leicht absteigend abwechselnd durch jüngere Bergahorn- und Fichtenbestände bringt. Als Mischbaumarten kommen hinzu: Buche, Eiche, Esche, Kirsche und Tanne. An den wenigen alten Eichen klettern Eichhörnchen. Die Reviergesänge von Buchfink, Amsel, Singdrossel, Eichelhäher, Kleiber, Kuckuck, Mönchsgrasmücke, Zaunkönig und Zilpzalp sind zu hören. Der Habicht jagt und frisst sie. Weiter abwärts wandernd kommen wir zur Tuffsteinsäule, die von einer Weißtanne und einer Traubenkirsche umrahmt ist. Die Säule wurde um 1630 hier errichtet und hatte ursprünglich ein Bild des Heiligen Ulrich. Dieses wurde 1975 durch ein Bild des Heiligen Hubertus mit Hirsch ersetzt. Nun folgen wir dem erst breiten Forstweg, der zum schmalen Kiespfad wird, zum Rottachsteg. Schilfröhrichte, Streuwiesen und Hochmoore wechseln sich im Bachtal ab. Der Moorwald aus Spirke, Waldkiefer, Fichte, Moorbirke und Faulbaum bietet eine nordische Kulisse vor den verschneiten Bergen. Am Waldrand aus Eiche, Fichte, Kirsche, Buche, Linde, Schwarzerle, Vogelbeere, Hasel, Liguster, Roter Heckenkirsche, Weißdorn und Schwarzem Holunder verläuft der Weg ansteigend. Vor Erreichen der Häuser von Hinterrothenrain beeindruckt erneut das Bergpanorama
Das FFH-Gebiet "Kammmolchlebensraum bei Kochel": Den Habicht beim Jagen beobachten und Tannenmeisen entdecken

Ausgangspunkt: Bahnhof Kochel
Dauer: 1.15 Stunden
Strecke: 3,5 km
VOM BAHNHOF INS FFH-GEBIET
Vom Bahnhof Kochel spazieren wir links auf der Bahnhofstraße zum Ortsende. 50 Meter nach dem Supermarkt folgen wir dem Wiesenweg unter den Stromleitungen in den Buchenwald mit üppigem Bärlauchbewuchs. Über den Rückweg (hier werden Bäume abtransportiert) wandern wir erst auf eine Weidefläche und weiter in einer Rechtskurve hoch in vor mehr als 50 Jahren gepflanzten Fichtenforst. Die tonigen Böden bilden großflächig Quellhorizonte. Kalkreiches Wasser tritt am Hang zutage und plätschert in Rinnsalen den Weg hinunter. In den Pfützen der Fahrspuren lohnt es sich, nach Gelbbauchunken zu schauen, die gechillt mit ihren herzförmigen Pupillen im Wasser liegen.
HINAUF ZUM HÖCHSTEN PUNKT DER KOHLLEITEN
Auf einer Lichtung im Fichtenforst steht rechts vom ausgewaschenen Weg überraschend ein Walnussbaum neben einer Stieleiche. Weiter ansteigend erreichen wir oberhalb des Aschgrabens eine eben verlaufende Forststraße. Nun auf dem Pfad den Hang hinauf zum Marterl vom Ski-Club mit zwei Buchsbäumen und einer Stechpalme. Der Pfad bringt uns zum höchsten Punkt (779 m) im Buchenwald mit Wildkirsche, Bergahorn, Bergulme und Fichte. Am Boden wachsen reichlich Waldmeister und Bärlauch, aber der Aronstab sehr spärlich.

HINUNTER ZUM PFUNDWEIHER
Wir überschreiten den Waldrücken nach Osten und nehmen zu Beginn einer Rechtskurve links den Abzweig am Nordhang. Pfadspuren führen hinunter zu einem erst wenige Jahre alten Rückeweg. Buchfink, Hohltaube, Ringeltaube, Singdrossel, Kuckuck, Mönchsgrasmücke, Tannenmeise, Kleiber und Schwarzspecht sind zu hören. Der Habicht kann beim lautlosen Jagen beobachtet werden. Der ausgewaschene Rückeweg bringt uns durch Buchen- und Fichtenbestände zum Pfundweiher.
VOM WEIHER ZUM BAHNHOF
Als Laichgewässer für den Kammmolch bildet der Weiher das zentrale Schutzgut im 30 Hektar großen FFH-Gebiet. Im ehemals vom Kloster Benediktbeuern als Fischweiher angelegten Gewässer verbringt diese Molchart fast ein halbes Jahr. Vor 20 Jahren wurde der Bestand des Kammmolchs hier noch als "größtes bekanntes Vorkommen in den bayerischen Alpen" bezeichnet. Allerdings gab es in den Jahren 2012 und 2013 keinen Nachweis mehr. Denn im Weiher schwimmen zu viele Fische. Ob der Kammmolch im Pfundweiher trotz aller Schutzbemühungen noch vorkommt, ist daher fraglich. Um den Weiher wächst Mischwald aus Bergahorn, Bergulme, Esche, Schwarzerle, Grauerle und Fichte. Wir treten aus dem Wald und biegen bei der Weggabelung an der Stieleiche nach links. Hier wurden in Pfützen Gelbbauchunken gefunden. Auf dem Wiesenweg erreichen wir ein Weidengebüsch an der B11, in dem üppig der Eisenhutblättrige Hahnenfuß wächst. Entlang der Bundesstraße, oder sicherer auf der Nordseite der Bahngleise, kehren wir zurück zum Bahnhof Kochel.
Ohlstädter Wetzsteinbruch und Wasserfall: Einödbauern, Wasserspektakel und religiöse Bauten

Ausgangspunkt: Bahnhof Ohlstadt
Dauer: 3.10 Stunden
Strecke: 11,4 km
VOM BAHNHOF ZUM EHEMALIGEN WETZSTEINBRUCH
Vom Bahnhof Ohlstadt spazieren wir ins Ortszentrum über Breitenweg, Josefstraße und Weichser Straße. An der Pfarrkirche und dem Rathaus vorbei biegen wir am Ende der Hauptstraße links in die Hagrainstraße und erreichen die Hagrainkapelle . Sie wurde im Jahre 1765 erbaut und ist dem Patron der Wetzsteinmacher, dem Heiligen Stephanus, geweiht. Vor Beginn der Arbeit im Steinbruch beteten die Wetzsteinmacher in der Kapelle. 200 Meter nach der Kapelle zieht der Schotterweg rechts hinauf und nach weiteren 200 Metern beginnt an einer Sitzbank mit Infotafel der Rundweg um den ehemaligen Wetzsteinbruch und zum Wasserfall.
Nach einigen Kurven erreichen wir den ersten Aussichtsbalkon und blicken auf die 70 Meter hohe, steile Wetzsteinwand. Die Wetzsteine wurden aus den feinsandhaltigen Kalken gewonnen. Nur fünf Prozent des gebrochenen Gesteins war verwendbar, die große Menge blieb als Abraum liegen. Auf den Abraumhalden ist neuer Bergmischwald aus Fichte, Tanne, Buche und Bergahorn entstanden. Links des ersten Aussichtsbalkons wächst eine dicke Fichte mit krummem Säbelwuchs und daneben ein Bergahorn, dessen Rinde stark abblättert wie bei einer Platane. Wegen der abblätternden Rinde wird der Bergahorn auch als "Pseudoplatane" bezeichnet. Der schmale Pfad führt zu mehreren Aussichtspunkten auf die Felswand. Am Boden wachsen Berg-Flockenblume, Buschwindröschen, Leberblümchen, Lungenkraut, Sanikel, Sauerklee, Schlüsselblume, Vielblütige Weißwurz, Wald-Bingelkraut, Waldmeister und Veilchen.
VOM WASSERFALL ZUM EINÖDBAUERN
Wir erreichen einen Wildbach, dem wir nach rechts folgen, bis wir plötzlich vor einer Felswand mit einem 40 Meter hohen Wasserfall ¹ stehen. Umgestürzte Bäume und offene Bodenstellen, Wildwuchs und Feuchtigkeit lassen den umliegenden Schluchtwald aus Bergahorn und Fichte wie einen kleinen Urwald wirken. Tanne und Buche sind nur an den oberen Hängen zu finden. Entlang des Wildbachs dominiert die Weiße Pestwurz die Flur. Der Zaunkönig übertönt mit seinem lauten Gesang das Wasserfallplätschern.
Der Rückweg zur Sitzbank mit Infotafel erfolgt entlang des schnell breiter werdenden Wildbachs. Eichhörnchen huschen auf den Fichten, Tannen und Buchen. Wir spazieren zurück zur Asphaltstraße bei der Hagrainkapelle. Dort geht es rechts und am nächsten Abzweig beim Einödbauern links auf den Schotterweg. In den Weiden lassen sich Mauswiesel bei der Jagd beobachten. Durch Buchen- und Fichtenwälder spazieren wir nach Norden. Im Frühjahr sind Buchfink, Eichelhäher, Kleiber, Mönchsgrasmücke, Ringeltaube, Rotkehlchen, Singdrossel, Amsel und Zaunkönig zu hören.

VOM EINÖDBAUERN NACH SCHWAIGANGER
Auf den zwischen den Waldflächen eingestreuten Flächen weiden Schafe und Rinder. Nach 800 Metern steht auf einer Schafweide eine einzelne Esche. Hier biegen wir links in den Waldweg, der in Serpentinen bergab führt. Die schattigen Fichtenbestände sind nur kleinflächig in feuchten Mulden von Erlenwald und am Hang von Buchenwald unterbrochen. Wir erreichen ein Feuchtgebiet mit Grauerlen und Moorbirken und über Weideflächen den Fuß- und Radweg an der Staatsstraße. An der Moorbirke beim Holzlagerplatz biegen wir nach rechts. In den Wiesen stehen Hindernisse zur Pferdedressur und wir kommen zum Gut Schwaiganger mit über tausendjähriger Geschichte. Im Dreißigjährigen Krieg raubten die Schweden alle Pferde und Rinder. Als Schwaiganger zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum Militärfohlenhof und Armeegestüt des neuen Königreichs Bayern wurde, grasten über 7.000 Pferde auf den Weiden. Heute ist das Gut ein Bildungszentrum für Pferdehaltung und Reiten. Im Gasthof Herzogin Anna kann man schön im Biergarten sitzen.
VON SCHWAIGANGER ÜBER DIE TEUFELSSÄULE NACH OHLSTADT
Von Schwaiganger kehren wir zurück zur Moorbirke beim Holzlagerplatz. Mit ständigem Blick ins Loisachtal und auf das Wettersteinmassiv erreichen wir kurz vor Ohlstadt die Teufelssäule ½, die an ein Wunder erinnert. Im Jahre 1668 eilte ein Pater des Klosters Schlehdorf nach Ohlstadt, um einem Sterbenden geistigen Beistand zu geben. Auf damals schmalen Waldpfaden wanderte er hierher, als ihn plötzlich eine Finsternis umgab. Der Pater soll die heilige Maria angefleht haben, ihn aus der teuflischen Dunkelheit zu führen und gelobte, eine Gedenksäule zu errichten, wenn Gott den Spuk beende. Die Finsternis verschwand und zum Dank dafür errichtete er diese Marmorsäule. Die dicke Linde dürfte auch aus dieser Zeit stammen und damit rund 350 Jahre alt sein. 200 Meter weiter steht das Fieberkircherl. Während des 30-jährigen Krieges brachten Soldaten die Pest nach Ohlstadt. Die gläubigen Katholiken gelobten ein Fieberkircherl zu bauen, wenn die Pest endet. Im 18. Jahrhundert wurde nach dem Brand der Pfarrkirche das Kircherl sogar für 60 Jahre zum wichtigsten Gotteshaus von Ohlstadt. Über die Josefsstraße und den Breitenweg erreichen wir den Bahnhof Ohlstadt.
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