Flirt mit der Tradition
Die polnische Sängerin Anna Maria Jopek kommt mit ihrer neuen CD „ID“ ins Ampere.
Sie stammen aus Norwegen, Brasilien, Tunesien, Kamerun, den USA – und machen mit ihrer polnischen Gastgeberin eine Musik, die nicht ganz von dieser Welt ist. Vom ersten Ton an klingt Anna Maria Jopeks aktuelles Album so, als wäre es mitten in einem verwunschenen Elfenwald entstanden, abgeschirmt von Zeit und Raum, weit entfernt von dem hässlichen Treiben da draußen. Es will eigentlich gar nicht so recht passen, dass ein furchtbar nüchterner Titel über den hemmungslos verspielten, verträumten, entrückten Liedern steht, die von ihrer Protagonistin mit reiner, unschuldiger, sanft vibrierender Zauber-Stimme gesungen werden: „ID“ (Emarcy/Universal). Diese beiden Buchstaben schnauzen einem meist die schlecht gelaunten Immigration Officers entgegen, wenn man in die USA einzureisen gedenkt und die Uniformierten den Pass (die Identität also) sehen und stempeln wollen.
Wie will Anna Maria Jopek ihren Albumtitel verstanden wissen? „Heutzutage tragen wir weltweit dieselbe Kleidung, entwickeln dieselben Ideen. Alles ist so global, dass die Menschen wirklich aufpassen müssen, dass sie sich die Wahrheit über ihre eigenen Wurzeln bewahren sollten – und damit eben das, was uns kulturell unterscheidet“, sagt die studierte Pianistin Anna Maria Jopek, die heute Polens erfolgreichste und beliebteste Jazz-Sängerin ist. „Ich glaube, jeder Mensch ist unabhängig von seiner Herkunft einzigartig. Die Idee meines Albums war, all diese Individuen zu versammeln und mit ihnen etwas Neues zu entwickeln, was uns gleichzeitig alle reflektiert. Deshalb singt jeder auf ,ID’ in seiner Heimatsprache. Ich selbst ausschließlich auf Polnisch, Richard Bona auf Douala, Oscar Castro-Neves auf Portugiesisch, Dhafer Youssef auf Arabisch. Und alle musizieren und kommunizieren gemeinsam im Vokabular der Improvisation. Die Sprache der Musik steht über allem und ist meine Lieblingssprache.“
Gespannt sein darf man, wie die Sängerin (die auf der CD im Alleingang alle Chorstimmen eingesungen hat), die Songs von „ID“ live ohne die vielen Gäste aus allen Regionen dieser Erde umsetzt. Und ob auf der Bühne die Jazz-Vokalistin Anna Maria Jopek dominieren wird oder deren musikalisches Erbe: die Folklore. „Ich wollte die Folklore niemals links liegen lassen, denn sie steckt tief in mir drin und hat viel mit meiner Identität zu tun. Sie ist die größte Quelle für meine Musik. Meine Eltern haben mit heimischen Folk-Bands gearbeitet und die ersten Lieder, die ich je gesungen habe, sind polnische Volkslieder. Das, was ich extra für meine Stimme und die neue CD schrieb, ist gewissermaßen ein Flirt mit meiner Tradition."
Ssirus W. Pakzad
Anna Maria Jopek, Ampere (Muffatwerk), Zellstraße 4, Beginn: 20.30 Uhr. Eintritt: 21 Euro, weitere Infos unter www.ampere-muffatwerk.de
- Themen:
- Muffathalle
- Muffatwerk