Fixerstuben in München: Freistaat Bayern winkt ab
München - Ein Drogenkonsumraum, in dem sich Schwerabhängige ihren Stoff spritzen dürfen – in vielen Nachbarschaften dürfte ein solches Szenario Proteste auslösen, kaum würden Forderungen nach einer solchen Einrichtung laut.
Doch das Bahnhofsviertel ist nicht irgendeine Nachbarschaft. Hier sind die Leute im Alltag mit der Drogenszene in ihren Einfahrten und Hinterhöfen konfrontiert – und setzen Hoffnung auf den Plan von CSU-Stadtrat und Landtagskandidat Hans Theiss, der gerne in einem Modellprojekt für drei Jahre einen Raum schaffen will, in dem Abhängige sich unter hygienischen Bedingungen und medizinischer Aufsicht spritzen können (AZ berichtete).
Die Lokalpolitiker begrüßen den Vorstoß
Am Montag reichte die CSU ihren Antrag im Rathaus offiziell ein. Im Viertel selbst stehen der Idee viele sehr offen gegenüber. Der örtliche Bezirksausschuss-Chef Alexander Miklosy (Rosa Liste) sagte: "Alle bisherigen Versuche, den Drogenkonsum einzuschränken, sind ja offensichtlich gescheitert." Es sei doch "in jeder Hinsicht besser, wenn man die Protagonisten kennt und im Blick hat – und wenn die Leute ihre Drogen nicht in übelsten Verhältnissen zu sich nehmen müssen."
Auch Fritz Wickenhäuser, der Vorsitzende des Vereins "Südliches Bahnhofsviertel" begrüßt die CSU-Initiative. "Sozialeinrichtungen, Immobilienverwalter: Alle sind hier dafür!", betonte er. "Die Leute sitzen bisher zusammengekauert in dunklen Ecken und spritzen sich."
Wickenhäuser betreibt selbst ein Hotel an der Schwanthalerstraße. Er sagt: "Ich muss die Leute wegschicken – wegen meiner Gäste. Aber man weiß nicht, wo man sie hinschicken soll." Es sei unmöglich, dass die Menschen hilflos in Parkhäusern allein gelassen würden. Wickenhäuser verweist auf gute Erfahrungen mit Drogenkonsumräumen in anderen Städten.
Lob von der SPD, Staatsregierung bleibt ablehnend
Das tut auch die Landtags-Opposition. SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen sagte am Montag der AZ: "Allen Fachleuten ist klar, was überwachte Drogenkonsumräume an Vorteilen bieten. Die Suchtkranken werden von der Straße geholt, sie bekommen hygienisch vernünftige Bedingungen und im Notfall medizinische Hilfe. Das senkt die Zahl der Drogentoten." Umgesetzt worden sei bisher nur nichts, weil die CSU-Staatsregierung es nicht gewollt habe. "Soll Herr Theiss doch bei Herrn Söder und seinem Kabinett mal Überzeugungsarbeit leisten."
Ähnlich argumentiert Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. "Ich biete dem Kollegen Theiss gerne Zusammenarbeit an und unterstütze ihn", sagte er der AZ. Die Grünen hätten im Landtag schon 2016 Drogenkonsumräume beantragt – erfolglos. "Die Landtags-CSU kriminalisiert die Abhängigen statt irgendwie zu helfen", sagte Hartmann.
Und an der Haltung auf Landesebene scheint sich vorerst nichts zu ändern. Die Staatskanzlei äußerte sich gestern auf AZ-Anfrage nicht. Dem Vernehmen nach sieht man im Gesundheitsministerium von Melanie Huml aber keinen Handlungsbedarf. Das heißt wohl: Mit dem Modellprojekt wird es nichts – so lange die CSU alleine regiert zumindest.
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