Finanzkrise: 40000 Euro einfach weg - jetzt klagt die Rentnerin
MÜNCHEN - Hannelore Sporberg ließ sich von einem Bankberater Lehmann-Papiere andrehen – jetzt klagt sie gegen die Bundesrepublik. Denn Banken können die Verlustpapiere einfach an den Staat verkaufen, der normale Anleger nicht.
Hannelore Sporberg hatte keine Ahnung. Als „sichere Kapitalanlage“ empfahl ihr der nette Mann von der Dresdner Bank im März 2007 die Papiere der Bank Lehman Brothers. Das war vor der Krise. Eineinhalb Jahre später: Die amerikanische Bank ist pleite, die Hälfte ihrer Ersparnisse – 40000 Euro – sind weg. Jetzt klagt die Rentnerin. Aber nicht gegen ihren Berater oder gegen die Bank. Sondern gegen den Staat.
Dabei hilft ihr der Anwalt Peter Mattil. Oder besser: Sie hilft ihm. „Rund 50000 Anleger haben mit Lehman-Zertifikaten Geld verloren“, schätzt Mattil. Fälle wie den der alleinstehenden 68-jährigen Hannelore Sporberg hat er zu Dutzenden in seiner Kartei, er nennt ihn „typisch“. Viele sind Rentner, die meisten haben keine Ahnung von Kapitalanlagen. „Alt und dumm“, sagt Hannelore Sporberg, „so haben uns die Berater eingeschätzt.“ Seit 40 Jahren ist sie Kundin bei ihrer Bank. Als ihr der Berater die Papiere verkaufte, habe sie nicht viel nachgefragt. „Ich wusste ja nicht, dass das nur eine windige Wette war“, sagt sie.
Mattil und Sporberg haben vor einer Woche Verfassungsbeschwerde eingelegt gegen das im Oktober 2008 eilig beschlossene Bankenrettungsgesetz. Das sieht vor, dass Geldinstitute ihre wertlosen Papiere an den Staat verkaufen können – und so zahlungsfähig bleiben. Volumen des Fonds: 100 Milliarden Euro.
Die Sicherheit ist weg - und das Vertrauen in die Banken auch
Weil Hannelore Sporberg aber keine Bank ist, sondern nur eine ganz normale Rentnerin, bekommt sie von den vielen Milliarden keinen einzigen Cent. Das findet Peter Mattil ungerecht. „Das Gesetz begünstigt nur die Banken. Wer wie Hannelore Sporberg durch Lehman-Papiere Geld verloren hat, hat zwei Möglichkeiten: sich mit dem Verlust abzufinden – oder die Bank zu verklagen. Das ist wahnsinnig schwierig.“ Und wahnsinnig teuer.
„Ich kann schon noch ganz gut leben“, sagt Hannelore Sporberg. „Aber die Sicherheit ist weg. Wer weiß, was auf mich zukommt.“ In Zukunft will sie ihr Geld wieder konservativ anlegen, allenfalls einen kleinen Teil in Aktien. „Mein Vertrauen in die Banken ist hin“, sagt sie. Dass ihre Geschichte so hohe Wellen schlägt, hätte sie nicht gedacht. Trotzdem will sie die Klage durchziehen: „Mein Geld ist weg, was habe ich sonst noch zu verlieren.“
Jetzt müssen Sporberg und Mattil warten. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe muss die Beschwerde erst einmal annehmen. Darauf, ihr ganzes verlorenes Geld wieder zurückzubekommen, hofft Hannelore Sporberg nicht. Aber auf eine kleine Entschädigung. Und Gerechtigkeit.
Christoph Landsgesell
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