Finanzbeamter (57) lässt über 3500 Steuerbescheide verschwinden

Die Arbeit wuchs ihm einfach über den Kopf. Deshalb hat der Finanzbeamte Manfred K. (57) mehr als 3500 Steuerakten nicht bearbeitet – sondern sie im Keller versteckt.
Torsten Huber |
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Die Zigarette danach: Manfred K. (57) auf dem Heimweg.
Torsten Huber Die Zigarette danach: Manfred K. (57) auf dem Heimweg.

Amtsinspektor und Aktenverstecker Manfred K. (57) wurde degradiert und verdient jetzt 300 Euro weniger.

München Das Persönlichkeitsbild des Finanzbeamten Manfred K. (57, Name geändert) ist nicht gerade schmeichelnd: „Er ist den Anforderungen nicht gewachsen. Nur einfache und überschaubare Arbeitsvorgänge kann er erledigen.“ Sagen zumindest seine Vorgesetzten.

Dies ist wohl mit ein Grund dafür, dass der Beamte mehr als 3561 Steuerakten nicht bearbeitet und heimlich versteckt hat. Schaden: 3575 Euro. Jetzt stand Bayerns faulster Beamter vor der 13. Disziplinarkammer beim Bayerischen Verwaltungsgericht in München. „Ich kann die Sache zwar nicht ungeschehen machen. Aber es tut mir leid“, entschuldigte sich der Amtsinspektor.

Manfred K. machte gleich nach der Mittleren Reife eine Ausbildung in der Bayerischen Finanzverwaltung. Er wurde in verschiedenen Dienststellen eingesetzt und ist seit 30 Jahren als Beamter auf Lebenszeit in einer Gemeinde in Oberbayern tätig. Der Familienvater durchlief alle Stationen: die Lohnsteuer-, Kraftfahrzeugsteuer und die Arbeitnehmersteuerstelle.

1999 kam er in die Bewertungsprüfstelle. Hier wird die Grunderwerbssteuer festgesetzt, die jeder Wohnungs- und Häusle-Besitzer an den Fiskus überweisen muss. 2004 passierte es: Manfred K. ließ einfach Akten verschwinden, versteckte sie im Keller der Behörde oder schaffte sie nach Hause. Die Vorsitzende Richterin fragte nach: „Was hat sie bewogen, die Akten zu verstecken?“

Manfred K. räumt ein: „Es war ein Fehler.“ Klagt dann aber: „Wir waren damals viel zu wenig Leute. Die Arbeit war nicht mehr zu schaffen.“ Persönliche Probleme seien hinzu gekommen. „Meine Mutter war an Krebs erkrankt. Mein Vater, damals schon 79, war meiner Mutter keine große Hilfe. Ich musste mich um meine Eltern kümmern.“

Hellhörig wurden seine Vorgesetzten erst, als sich einige Gemeinden wegen des Grundsteuer-Ausfalls beschwerten. Ein Hausbesitzer meldete sich sogar freiwillig bei der Finanzbehörde und fragte: „Ich habe vor einiger Zeit ein Haus gekauft und habe keinen Grundsteuerbescheid bekommen.“ Die internen Ermittlungen wurden aufgenommen.

Die Haus- und Wohnungsbesitzer nochmals angeschrieben, damit die Grundsteuerhöhe neu ermittelt werden kann. Doch Manfred K. entwendete die Briefe aus dem Postauslauf und versteckte sie, um seine Faulheit zu vertuschen. Bereits 1998 soll er auf eigenwillige Weise aktiv geworden sein: In der Steuerstelle für Arbeitnehmer lagerte K. 1800 Steuererklärung heimlich im Behördenkeller.

Ein Schaden soll nicht entstanden sein, weil die Akten bereits abgearbeitet waren. Eigentlich müssen sie jedoch zehn Jahre aufbewahrt werden, falls ein Steuerzahler neu überprüft werden muss. Nachprüfungen waren Manfred K. anscheinend auch zu viel. Sein Motto: keine Akte, keine Arbeit. Fünf Jahre dauerten die Ermittlungen.

Sogar Sonderpersonal musste angefordert werden, um alles aufzuarbeiten, was Manfred K. an Chaos hinterlassen hatte. Jetzt sitzt der Beamte in der Telefonzentrale, Poststelle oder Hausmeisterei.

Das Gericht dachte lange über die Strafe nach, drückte noch einmal ein Auge zu und entfernte Manfred K. nicht aus dem Dienst. Urteil: Degradierung zum Steuersekretär. Konkret heißt das: 300 Euro netto weniger.

 

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