Fast wie früher: Fußballfans erobern München zurück

Zur Europameisterschaft kehren Fußballfans zurück in die Stadt. Die AZ hat sich zum Auftakt umgesehen - und festgestellt: Blaue sind in der Überzahl.
von  Thomas Stöppler
Die Gruppe aus Halle hätte gern "etwas mehr Stimmung".
Die Gruppe aus Halle hätte gern "etwas mehr Stimmung". © Thomas Stöppler

München - Wenn das Blau etwas heller wäre, dann könnte man meinen, der TSV 1860 wäre Meister geworden. Nicht heute, dafür ist es zu leer, sondern vor ein paar Tagen, aber gefeiert wird immer noch.

EM-Start in München: Franzosen in der Überzahl?

Rein von den Farben bekommen die französischen Fans, die den Marienplatz fest in der Hand haben, auch noch Unterstützung von der Polizei, die ähnlich zahlreich erschienen ist und zwischen Fischbrunnen und Viktualienmarkt an die 20 Mannschaftswagen geparkt hat.
 
Ein bisserl Fußballfieber ist an diesem Dienstag spürbar zurückgekehrt nach München. Und mit der Europameisterschaft sind auch die Fans wieder da. Vor allem französische, weshalb die deutschen Anhänger in der Stadt bisweilen konsterniert wirken.

Fans aus Halle wünschen sich mehr Stimmung

Kay und seine Kumpels sind etwas enttäuscht: "Bisschen mehr Stimmung hätte ich schon erwartet." Sie sind vor ein paar Stunden aus Halle gekommen und stehen recht verloren am Viktualienmarkt.
 
Helfer der Uefa, die viel lächeln, weisen mit riesigen gelben Schaumstoffhänden den Weg an den vielen Polizisten vorbei zur U6 hinunter. Unten wird es zwangsweise enger, aber tendenziell ist es in der Rushhour hier morgens um 8 Uhr voller. Bloß dass man dann keine Gesänge hört.

U-Bahn überwiegend blau gefärbt

Drei Deutschlandfans mit Louis-Vuitton-Einkaufstüten werden von einem Polizisten ermahnt: keine Maske. Es bleibt bei der Ermahnung – und auch bei dem fehlenden Mund-Nasen-Schutz. Die U-Bahn ist überwiegend blau gefärbt, außen wie innen.
 
Und es wird laut: Die Franzosen singen, tanzen, schreien und springen, der Waggon wackelt. Eine Mutter nimmt ihr Baby aus dem Kinderwagen, um es zu beruhigen, aber der Säugling schaut nur fasziniert zu der blauen, wabernden Masse und lauscht einer sehr inbrünstig vorgetragenen Marseillaise.

Ronan im Frankreich-Dress sagt: "Wir haben Spaß"

An der Münchner Freiheit ist der Waggon heiser. Jene, die nur von der Arbeit nach Hause fahren, sind eh still. Die Arena rückt näher. Ronan im Frankreich-Dress sagt: "Wir haben Spaß, wir sind hier willkommen geheißen worden. Und freuen uns einfach, hier zu sein."
 
Fröttmaning. Die Massen verteilen sich, das Gelände vor der Arena ist groß, der Blick ist toll, Bergpanorama. Die Polizei wirkt weniger präsent als am Marienplatz, ist natürlich aber überall. Einzig die Pferdestaffel fällt auf. Die Tröten der Fans machen die Tiere nervös, eines bäumt sich auf, aber die Polizistin bleibt fest im Sattel.
 
Helfer der Uefa geben per Mikrofon freundlich Anweisungen, rufen auf Französisch und Deutsch "Herzlich willkommen". Ein Mann aus der Menge ruft: "Hast du Bier?", "Nein, nur Wasser, Alkoholfreies gibt's im Stadion." Laute Buhrufe aus der Menge.

Bei der Kletterhalle gibt es tatsächlich eine Bar

Moritz und Philipp haben dasselbe Problem. Bier gehört für sie halt dazu. Die beiden Kölner haben gehört, es gäbe eine Kletterhalle mit Bar gleich hier. Auf dem Weg dorthin fährt der DFB-Mannschaftsbus vorbei.
 
Und bei der Kletterhalle gibt es tatsächlich eine Bar. Dann steht man eine Stunde vor Anpfiff draußen vor der Kletterhalle mit Blick auf die anderthalb Kilometer entfernte Arena und redet über Fußball und Arbeit, über Köln und München und lacht immer wieder, weil das gerade so seltsam ist. Aber auch so unheimlich normal. Wie früher halt. Der Fußball in München hat (sein) Publikum zurück.
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