Faschingsfeier in Münchner Innenstadt: "Die geilste Party der Stadt"

München - "Wir sind heute mit einem weinenden Auge und einem lachenden Auge hier", sagt Christl Lang am Faschingsdienstag zur AZ. In voller Marktweiberverkleidung steht sie bei traumhaftem Wetter mit ihrer Gruppe auf dem Viktualienmarkt. Eigentlich würden sie jetzt ihre Tänze aufführen. Nicht in diesem Jahr.
Marktweiber: "Freilich sind wir traurig"
Die Stadt hatte den Tanz der Marktweiber nach dem Anschlag am 13. Februar abgesagt. Für Lang und ihre Gruppe nur schwer zu verdauen. "Freilich sind wir traurig, weil normal wäre jetzt die Hölle hier los. Aber nein, das haben sie uns nicht gelassen."
Dafür durften die Marktweiber am Rosenmontag im Deutschen Theater beim "089 Kult"-Ball auftreten. Denn eigentlich wäre es für Lang und vier weitere Marktfrauen-Ikonen der letzte Marktplatzfasching gewesen.

"Das Publikum ist ausgerastet. Es war wirklich ein schöner Abend. Alle waren ganz begeistert und jeder hat Mitleid mit uns." Die Laune wollen sie sich heute aber nicht verderben lassen. Bei einem Stamperl stoßen sie auf sich an.
Trotz Absage: Buntes Treiben am Viktualienmarkt
Auch nebendran im Biergarten am Viktualienmarkt fließt der erste Alkohol. Bei einer Halben Bier und Weinschorle steigt die Stimmung der Feiermeute. Bei den Kostümen haben sich die Münchner viel Mühe gegeben. Die AZ begegnet Piraten, Wikingern und Mr. Spock.
Auch viele Tierarten sind am Dienstag vertreten: Giraffen, Igel, Tiger, eine Kuh und ein Einhorn. Ein paar Leute haben ihre eigene Musik mitgebracht und tanzen zwischen den Standln zu Partyschlagern aus Miniboxen.
Party auf dem Marienplatz
Wenige Meter weiter auf dem Marienplatz wird auch schon gefeiert. Vor dem Fischbrunnen versammeln sich Panzerknacker, Hasen, Ärzte und Piloten. Auf dem Boden stehen leere Sekt- und Bierflaschen. Im Gespräch mit den Kostümierten kommt immer wieder der Ratskeller als Partyziel auf. Dessen Eingang, unweit vom Brunnen, ist mit bunten Luftballons geschmückt. Ein Mann im Hasenkostüm kommt die Treppe hoch und ruft den Reportern gut gelaunt entgegen: "Das hier ist die geilste Party der Stadt."

Roland Hefter im Weißen Bräuhaus
Im Eingangsbereich läuft "Ohne dich" von Münchner Freiheit. Unten ist es aber gegen 14 Uhr noch recht leer. Auf die Tanzfläche traut sich fast noch niemand. Eine Frau im Hasenkostüm tanzt etwas verhalten mit einem Luftballon. Die gute Stimmung auf dem Marienplatz lässt aber vermuten, dass sich der Keller noch füllen wird.
Im Weißen Bräuhaus hingegen ist um halb drei die Tanzfläche bereits voll. Bienen, Hexen und Aliens feiern zur Musik von Roland Hefter, der auf der Bühne mit seiner Band Wiesn- und Faschingshits spielt.

Marktfrauen tanzen doch noch
Gegen alle Befürchtungen konnte der Fasching in der Münchner Innenstadt also doch stattfinden. Dafür sorgten vor allem die Wirtshäuser und Bars der Stadt. Und für alle, die die Marktweiber vermisst (und Dienstagfrüh noch nicht die AZ gelesen)haben, hat Christl Lang noch eine gute Nachricht zum Schluss: "Wir hängen noch ein Jahr dran. Damit wir uns den Abschied nicht nehmen lassen."

Das sagen die Feiernden
Die AZ hat Kostümierte auf dem Viktualienmarkt gefragt, wie sie ihren Fasching trotz Absage feiern.

Rainer Maria (74): "Für uns ist es ganz wichtig: Wir haben Fasching und da lassen wir es einfach krachen! Dass das heute abgesagt wurde, finde ich fast eine Sauerei. Es ist zwar furchtbar, was passiert ist, aber man kann nix ändern. Es ist einfach schrecklich, aber man muss trotzdem feiern. Jetzt bin ich schon so alt, wie viele Faschingsdienstage habe ich noch? Ich möchte schon noch feiern."

Wolfgang (65), Peter (56) und Swen (56): "Wir lassen uns regelmäßig etwas Neues einfallen, und dieses Mal ist es Ahoi Brause. Manchmal machen wir ein Vierer-Kostüm, aber meistens sind wir zu dritt. Wir waren mal als ZZ Top oder als goldene Generation, komplett in Gold, verkleidet. Wir sind etwas enttäuscht über die Absage. Wir fahren heute nach Erding, da gibt es ein Straßenfest und einen Umzug."

Michaela (55) und Sandra (53): "Wir haben uns als Hippies verkleidet, weil wir lebensfroh sind und es uns nicht vermiesen lassen, dass die einfach sagen, in München darf kein Fasching stattfinden. Das geht gar nicht. Es war wirklich schlimm mit dem Anschlag, aber wir können ja trotzdem ein bisschen feiern. Wir haben unsere eigene Musik und Bier dabei. Wir machen noch Kneipen-Hopping."

Stefan (41) und Catty (28): "Das Kostüm haben die Damen gemacht. Ich bin sehr zufrieden mit dem Kostüm. Heute ist ein bisschen wenig los, das haben wir ja gewusst. Aber es wird langsam mehr. Wir hoffen, dass später im Ratskeller mehr los ist. Es passiert so viel auf der Welt und allen Leuten aufzutragen, was sie machen dürfen und was nicht, finde ich schwierig."