Familien fliehen an den Stadtrand

Der neue „Familienbericht” legt offen: Immer mehr Münchner mit Kindern kehren der Kernstadt den Rücken, ziehen in günstigere Viertel am Rand – oder gleich ganz ins Umland
von  Anne Hund

Immer mehr Münchner mit Kindern kehren der Kernstadt den Rücken, ziehen in günstigere Viertel am Rand – oder gleich ganz ins Umland

München - Die Stadt ist alarmiert: Familien mit Kindern sind in München deutlich in der Minderheit. Denn sie zieht es – mangels Wohnraum und wegen horrender Mietpreise – in die Viertel am Stadtrand, wo genügend Platz ist und die Mieten noch etwas günstiger sind. Oder gleich ganz weg aus München raus ins Umland.

Diesen Trend belegt der erste „Familienreport 2010”, den Bürgermeisterin Christine Strobl mit Sozialreferentin Brigitte Meier am Freitag im Rathaus vorgestellt hat.
In dem Bericht ist von „Stadtflucht” die Rede. Verantwortlich dafür seien die hohen Wohnkosten in München, sagt Christine Strobl. Und verspricht, die Stadt werde gegensteuern und zwischen 2012 und 2015 rund 300 bis 400 Millionen Euro in den sozialen Wohnungsbau investieren. Gleichzeitig verweist die Bürgermeisterin auf Bolzplätze und Skater-Anlagen, die die Stadt für Kinder attraktiver machen.

Zufriedenstellend ist die Situation für Familien deshalb noch lange nicht. Insgesamt würden zwar mehr Menschen in die Stadt ziehen als weg von München, sagt die Bürgermeisterin. „Allerdings gilt dieser positive Wachstumssaldo nicht für Familien.” Dies mache der Familienbericht deutlich.

Die Zahlen sind ernüchternd: Der Anteil der Haushalte, in denen Familien mit Kindern leben, liegt in München bei gerade einmal 16,8 Prozent (bundesweit sind es 20,5 Prozent).
Davon lebt in mehr als der Hälfte aller Familien (55,6 Prozent) nur ein Kind. 35,3 Prozent der Familien haben zwei Kinder, zehn Prozent drei und mehr Kinder.

Auch als „Deutschlands Single-Hauptstadt” macht das teure München seinem Namen weiter alle Ehre. 54 Prozent der rund 750000 Privathaushalte sind Ein-Personen-Haushalte.
Mit Babys lässt sich’s für Mittelständler selbst in teuren Stadtteilen wie dem Glockenbachviertel (durchschnittliche Kaltmiete: 14 Euro/qm) noch leben. Doch je älter die Kinder werden, desto eher zieht’s die Familien ins Umland. Aber auch dort variieren die Mieten: Im Landkreis München beträgt die Quadratmetermiete laut immowelt.de für eine 80- bis 120-Quadratmeterwohnung im Schnitt etwa 10 Euro. Im Landkreis Dachau kommt man mit durchschnittlich 7,94 Euro je Quadratmeter davon.

Innerhalb Münchens ist der Trend klar: Je zentraler und teurer das Viertel, desto weniger Haushalte mit Kindern. Das Studentenviertel Maxvorstadt (Quadratmetermiete kalt um 14 Euro) ist mit 9,5 Prozent aller Haushalte das Schlusslicht in München. In Trudering-Riem (bis 11 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter) gibt’s dagegen die meisten Haushalte mit Kindern (26,6 Prozent).

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.