Falscher Polizist im Zug erwischt: Prozess in München

Ein 45-Jähriger gibt vor Gericht zu, als Geld-Abholer bei dem Betrugssystem mitgemischt zu haben. Eine 93-Jährige wird um 117.000 Euro betrogen.
von  John Schneider
Der Angeklagte vor Prozessbeginn.
Der Angeklagte vor Prozessbeginn. © jot

München - Er wird wohl lange Jahre ins Gefängnis müssen. Um die Haftzeit zumindest ein wenig zu verkürzen, zeigt sich Can G. (45, Name geändert) am Dienstag kooperativ. Allerdings decken sich seine Angaben nicht zu hundert Prozent mit der Anklageschrift.

Staatsanwaltschaft wirft Angeklagtem sieben Fälle vor

Aus dieser geht hervor, dass er sich bereits vor dem ersten Fall im März 2020 mit bislang unbekannten Mittätern zusammentat, um nach dem Modus Operandi "Falscher Polizeibeamter" ältere Menschen abzuzocken.

Ja, er habe als Geld-Abholer fungiert, gibt der Angeklagte beim Prozessauftakt zu. Dass er aber Teil eines betrügerischen Systems war, sei ihm erst bei späteren Fällen klar gewesen. Nachdem ihn sein Verbindungsmann aufgeklärt hatte. Aufgehört hat er trotzdem nicht, gesteht er. Und führt dafür unter anderem private Schulden ins Feld.

Sieben Fälle werden ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen. Der erste: Am 4. März des vergangenen Jahres wurde ein 81-Jähriger aus Planegg von einem sogenannten Keiler angerufen.

Der stellte sich als "Herr Unterweger vom K 4 Raubdezernat" vor. Er teilte dem 81-jährigen mit, dass ein Betrüger noch am selben Tag versuchen werde, Geld vom Konto des Mannes nach Rumänien zu transferieren. Einziges Gegenmittel: Das Geld abheben und einem Kontaktmann der Polizei zu übergeben. Kennwort "München".

Can G. gibt sich als Kontaktmann aus

Das Opfer tat wie ihm geheißen. Auf einem Parkplatz vor einem Supermarkt war der vereinbarte Treffpunkt. Can G. soll sich dann gegenüber dem 81-Jährigen als Kontaktmann ausgegeben und nach Nennung des Kennwortes das Geld entgegengenommen haben.

Noch schlimmer erwischte es eine 93-jährige Frau aus Feldafing. Ihr wurde von einem "Kripobeamten" weisgemacht, dass eine osteuropäische Bande dabei sei, sich mit falschen Schlüsseln Zugang zu Bankschließfächern zu verschaffen.

93-Jährige wird um 117.000 Euro betrogen

Die Frau erklärte dem angeblichen Polizisten, dass sie tatsächlich 117.000 Euro, Schmuck und Gold in einem Fach aufbewahre. Der Polizist ließ sie das Fach räumen und erklärte danach, er müsse das Bargeld untersuchen lassen. Es könne sich um Falschgeld handeln. Can G. holte das Geld ab. Die Ankläger glauben, dass es dabei zu einem Handgemenge mit dem Opfer kam, Can G. streitet den Vorwurf des Raubes ab.

Doch beim letzten Betrug im Oktober 2020 war die Polizei dem Abholer auf die Spur gekommen. Als er im ICE nach Berlin saß, wurde der Zug in Nürnberg kontrolliert. Bei Can G. werden 40.000 Euro Bargeld und Gold gefunden. Der Prozess dauert an.

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