Falscher Impfarzt räumt zum Prozessauftakt Vorwürfe ein

Traunstein - Mit gefälschter Approbation und ohne ärztliche Zulassung hat ein Theologe in Oberbayern zahlreiche Menschen gegen Corona geimpft und bei anderen die Impfung überwacht.
Vor dem Landgericht Traunstein räumte der 50-Jährige zum Prozessauftakt am Donnerstag die Vorwürfe der Anklage weitestgehend ein. Es sei richtig, dass er zwei falsche Doktortitel benutzt, eine Approbationsurkunde gefälscht und somit zu Unrecht Impfstoff verabreicht habe, ließ er über seine Anwälte mitteilen.
Über 1400 Impfungen selbst vorgenommen oder angeordnet
Laut Anklage hatte der 50-Jährige bei mehr als 306 Menschen ohne ärztliche Zulassung selbst die Spritze gesetzt und in 1144 Fällen Injektionen von medizinischem Fachpersonal überwacht. Gesundheitliche Schäden erlitt den Ermittlern zufolge niemand.
Es sei ihm nicht zuletzt darum gegangen, eine Beschäftigung zu haben, sich gebraucht zu fühlen - und freilich auch darum, etwas zum Lebensunterhalt beizutragen, sagte seine Anwältin Carolin Arnemann. Er habe gedacht, «er tut etwas Gutes» und bringe die Impfkampagne voran. In neun Monaten Untersuchungshaft sei ihm klar geworden, «dass das, was er gemacht hat, nicht geht». Er wolle sich nun bei allen entschuldigen, die er durch sein Vorgehen verletzt und getäuscht habe.
Echter Arzt bringt falschen Arzt ans Licht
Mit einer Art Handschellen war der Mann ins Gericht geführt worden, gestützt auf einen Stock. Seit gut neun Monaten sitzt er in Untersuchungshaft. Die Anklage lautet unter anderem auf gefährliche Körperverletzung, Urkundenfälschung und Titelmissbrauch.
Aufgeflogen war die Sache nicht zuletzt, als er einen echten Arzt impfte. Diesem sei aufgefallen, dass der Mann auch auf einfachste ärztliche Fragen nicht antworten konnte, berichtete eine damals mit Ermittlungen betraute Polizeibeamtin. Daraufhin habe das Impfzentrum Anzeige erstattet.
Angeklagter weiß nicht wie viele Impfungen er gegeben hat
Die Verteidigung geht aufgrund einer Befragung der Betroffenen nach Aufdeckung der Tat davon aus, dass 955 von gut 1400 Impflingen ihre Einwilligung in die Impfung trotzdem erteilt hätten. Er könne selbst nicht rekonstruieren, wie viele Menschen er geimpft habe, sagte Anwältin Arnemann weiter. Im Regelfall habe das medizinische Fachpersonal das Vakzin verabreicht.
Die Anwältin schilderte breit den Lebensweg des Mannes. Seinen ursprünglichen eingeschlagenen Weg zum Priester verließ er wieder, auch aus Enttäuschung über die Kirche. Später arbeitete er unter anderem in einem Möbelhaus und versuchte, mit einer Praxis für Trauerbegleitung und Familientherapie Fuß zu fassen, obwohl ihm auch hierfür teils die Qualifikation fehlte.
Angeklagter in mehreren Impfzentren tätig
Dann bewarb er sich in Rosenheim und später in Karlsfeld im Impfzentren. Die zuständige Hilfsorganisation habe ihn «in dem Vertrauen auf die Richtigkeit seiner Angaben und die ärztliche Zulassung» eingestellt, sagte Staatsanwalt Markus Andrä.
Im Detail soll der Mann laut Anklage vom 3. Februar bis 23. März 2021 im Impfzentrum Rosenheim sowie am 16. März 2021 im Impfzentrum Karlsfeld im Landkreis Dachau tätig gewesen sein. Außerdem war er laut Anklage bei mobilen Impfeinsätzen etwa in Pflegeeinrichtungen im Einsatz. Er soll gut 20 000 Euro in Rechnung gestellt haben, laut Verteidigung bekam er aber am Ende kein Geld.