Fall Demjanjuk: Die Todesfahrten nach Sobibor

Eine Gedenktafel zeigt Bilder von Juden, die von Hanau aus in den sicheren Tod fuhren. Derzeit muss sich mit John Demjanjuk ein mutmaßlicher Wachmann, in München wegen Beihilfe zum Mord an 27900 Juden vor Gericht verantworten.
von  Abendzeitung
John Demjanjuk
John Demjanjuk © dpa

Eine Gedenktafel zeigt Bilder von Juden, die von Hanau aus in den sicheren Tod fuhren. Derzeit muss sich mit John Demjanjuk ein mutmaßlicher Wachmann, in München wegen Beihilfe zum Mord an 27900 Juden vor Gericht verantworten.

MÜNCHEN/HANAU Angst sucht man vergeblich in den Gesichtern. Einige der Menschen auf dem Bahnsteig lächeln sogar, wirken fast wie Urlaubsreisende. Nur die Größe des Gepäcks und der Judenstern auf dem Mantel deuten an, was hier vor sich geht. Die Gedenktafel am Hanauer Bahnhof zeigt wie jüdische Männer, Frauen und Kinder in die Züge steigen, die sie schließlich nach Majdanek und Sobibor bringen. Dort angekommen werden sie von ukrainischen Wachmännern in die Gaskammern getrieben. Derzeit muss sich mit John Demjanjuk ein mutmaßlicher Trawniki, so nennt man die ukrainischen Wachmänner nach dem Ort ihres Ausbildungslagers, in München wegen Beihilfe zum Mord an 27900 Juden vor Gericht verantworten.

Die Bilder des damaligen Hanauer Stadtfotografen Heinz Weber entstanden 1942, und zwar ganz offiziell, berichtet Martin Hoppe. Der Politologe begleitete das Projekt Gedenktafel für die Stadt Hanau. Vielleicht sollten mit den Bildern andere Opfer beruhigt werden. Denn an den eher entspannten Gesichtern lässt sich in keinster Weise ablesen, was sie tatsächlich erwartete. Die Menschen in Hanau glaubten, sie reisten in Arbeitslager und würden wiederkommen.

Ähnlich hatten sich im Demjanjuk-Prozess auch die Angehörigen der holländischen Opfer geäußert. Ihre Väter und Mütter waren ahnungslos, als sie von Westerbork nach Sobibor verfrachtet worden.

Der Prozess gegen John Demjanjuk wird am 16. März fortgesetzt. Nach der Zeugenaussage des alten Landshuter Spezls von Demjanjuk, der ihn auf Fotos wiedererkannte, soll in den nächsten Prozesstagen unter anderem sein Dienstausweis in Augenschein genommen werden. Der soll beweisen, dass der Ukrainer im Vernichtungslager arbeitete. John Schneider

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