Fall Brunner: Was der Herztod für die Mordanklage bedeutet
Die neuen Details, das Dominik Brunner, der S-Bahn-Held von Solln an einem Herzstillstand starb, sorgen für Verwirrung. Münchner Top-Juristen erklären, was für den Prozess jetzt entscheidend ist
Bringen die neuen Erkenntnisse die Mordanklage ins Wanken? Brunner erschien fit und hat die tätliche Auseinandersetzung begonnen. Der Münchner Rechtsanwalt Adam Ahmed, der auch den Mörder von Rudolph Moshammer verteidigt hat, sagt: „Die Verteidiger könnten nun die Strategie fahren, dass die Angeklagten nicht damit rechnen konnten, dass dieser Mann einen Herztod erleidet. Somit wäre die Mord-Anklage nicht mehr zu halten.“
Der Anwalt Thomas Pfister weist darauf hin: „Es ist ja nicht so, dass man nur kerngesunde Menschen ermorden kann. Ein alter Mensch, der massiv misshandelt wird, stirbt zum Beispiel eher als ein junger.“ Auch Strafrechtler Jochen Uhler sagt: „Auch wenn bei einem Opfer eine Körperschädigung vorliegt, bleibt das Risiko beim Täter.“
Erster entscheidender Punkt ist die Kausalität. „Die Frage ist: Wurde der Herzstillstand durch die Misshandlungen ausgelöst?“, sagt Pfister. Ahmed erläutert: „Hierbei wird das Gutachten entscheidend sein, das die Frage beantworten muss: Hätte Brunner auch ohne die Schläge einen Herztod erlitten?“ Hier wird wohl klar sein, dass erst die Situation zum Herzstillstand geführt hat.
Zweiter entscheidender Punkt: Mussten die Täter mit dem Tod Brunners rechnen? Rechtlich ist eine Körperverletzung mit Todesfolge eine Tat ohne Tötungsvorsatz. Adam Ahmed verweist auf einen Fall in Zwickau, wo zwei Täter einen 63-Jährigen geschlagen und getreten haben. „Das war für den Mann auch eine starke psychische Belastung. Vier Wochen später starb er an einem Herzinfarkt.“ Das Gericht urteilte, dass die Täter den Mann nicht töten wollten, der Herzinfarkt aber Folge der Gewalttaten war. Körperverletzung mit Todesfolge.
Bei Brunner könnte es anders laufen. Erstens sieht die Staatsanwaltschaft das Mordmerkmal niedriger Beweggrund. Zweitens könnte bedingter Tötungsvorsatz gelten: „Generell gilt: Misshandeln Täter ein Opfer so stark, dass es daran sterben kann, nehmen sie den Tod billigend in Kauf. Dann sprechen wir von Mord mit bedingtem Vorsatz“, sagt Pfister. So geschehen bei Serkan und Spyridon, die den Rentner Bruno N. mit Tritten gegen den Kopf schwer verletzten. Sie hätten, so das Gericht, den Tod des Opfers in Kauf genommen. Deswegen wurden sie wegen versuchten Mordes verurteilt. Auch Markus Sch. trat – laut den Aussagen seines Kumpels – immer wieder auf den wehrlosen Brunner ein, auch auf den Kopf. Somit könnte das Urteil Mord lauten, egal, woran Brunner letztlich starb. jot, rie, ta
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