Fall Brunner: Sebastian L. - Eine Jugend im Heim
Sebastian L. war 17, als es zur folgenschweren Schlägerei in Solln kommt: Dominik Brunner überlebt sie nicht – gestern wurde im Gericht das Vorleben von Sebastian L. geschildert.
MÜNCHEN Mordprozess um die Schläger von Solln, gestern sagte vor Gericht der Notfallmediziner Peter Sefrin aus. „Die Reanimationsmaßnamenwaren so, wie es vorgeschrieben ist und die wissenschaftlichen Vorgaben es verlangen“, sagte der Mediziner vor dem Landgericht München I. Sebastian L. (18) und Markus S (19) müssen sich wegen Mordes an Dominik Brunner verantworten. Der 50-jährige Brunner war am 12. September 2009 nach den Tritten und Schlägen der beiden Angeklagten gestorben.
Der Mediziner schildert den Versuch, Brunner zurück ins Leben zu holen: Kurz sei ein normaler Herzrhythmus feststellbar gewesen. Nach seiner Aussage steht das Leben des Angeklagten Sebastian L. im Mittelpunkt des Verfahrens. Er war zum Zeitpunkt erst 17 Jahre alt und soll versucht haben, seinen Mittäter im Verlauf der Schlägerei zurückzuhalten. Er ist aktenkundig wegen drei Diebstahldelikten und einem Drogendelikt. Sein Vater war ein Trinker, mit 11,12 Jahren fängt er an, jüngeren Kindern Geld abzunehmen. Auch der Kontakt zu Drogen setzt früh ein. Mit zehn Jahren habe er angefangen, Zigaretten zu rauchen, mit elf Jahren seien Alkohol und Marihuana dazugekommen. Im Alter von 13 oder 14 Jahren habe er erstmals Kokain probiert. Mit 16 Jahren habe er Kokain regelmäßig, meist am Wochenende, konsumiert.
Seine Jugend verbrachte L., nachdem seine Mutter zum Pflegefall geworden und sein Vater gestorben war, in verschiedenen Heimen. Dort wollte er Maler lernen. Nachdem er wiederholt ausgerissen war, wollte ihn das Heim nicht mehr aufnehmen.
Der 18-Jährige zeigt sich reuig und sagt vor Gericht: „Es tut mir wahnsinnig leid, es hätte nicht passieren sollen. Aber ich kann es nicht rückgängig machen.“ Sebastian L. lebte in einem easycontact-Haus von Condrobs. Auch ein Jugendpsychiater äußert sich über den jungen Mann. Er beschreibt ihn als kleinen, blassen Jugendlichen, der intellektuell unter der Norm ist und schulische Schwierigkeiten hat. Er hat eine ausgeprägte depressive Störung, auch sein Selbstbewusstsein ist sehr schwach. Sein Vater ist gestorben, die Erinnerung daran quält ihn. Denn Sebastian saß einige Zeit mit dem toten Vater im Zimmer und sah fern - bevor er begriff, dass der Vater tot war. Daran erinnert er sich oft und macht sich deshalb Vorwürfe.