Fall Brunner: Erster Prozess

MÜNCHEN - Auftakt vor Gericht: Christoph T., der der Anstifter sein soll, wird heimlich durch die Tiefgarage im VW-Bus ins Gericht gefahren. Das Verfahren findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Ein weißer VW-Bus fährt langsam durch die Linprunstraße, biegt in die Tiefgarage des Münchner Justizzentrum ein. Durchs Fenster sieht man eine Gestalt, die zwischen den Sitzen am Boden hockt. Dunkler Pulli, die Jeans trägt er wie ein Skater weit runtergezogen, so dass man die Unterhose sieht. Auf dem Kopf ein buntes Tuch.
Der 18-jährige Christoph T. will unerkannt bleiben. Er ist auf dem Weg ins Jugendschöffengericht. Es ist der erste Prozesstag im Mordfall Dominik Brunner (†50). Der Vorwurf: gefährliche Körperverletzung, räuberische Erpressung und öffentliche Aufforderung zu einer Straftat.
Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwältin Barbara Stockinger, sagte, dass der Angeklagte unmittelbar keinen Einfluss auf die Tötung Brunners gehabt habe: „Strafrechtlich kann man ihm daraus keinen Vorwurf machen.“ Dafür sollen seine Spezln Sebastian L. (17) und Markus S. (18) verantwortlich sein. Sie sitzen zur Zeit in U-Haft. Im Juni soll der Prozess gegen sie vor der Jugendstrafkammer eröffnet werden.
Rückblick: Am Nachmittag des 12. September 2009 pöbeln Christopher T. und seine Spezln vier 13- bis 15-Jährige (zwei Mädchen und zwei Jungs) an. Christoph soll sie mit Schlägen und Tritten traktiert haben, forderte 15 Euro bevor er in seine S-Bahnlinie 6 nach Tutzing steigt. Beim Einsteigen schreit er noch seinen Spezln zu: „Zeigt es denen.“ Die nahmen die Aufforderung anscheinend ernst. In der S7 Richtung Wolfratshausen machen sie die Gruppe weiter an. Dominik Brunner, ledig und Vorstand eines Baustoff-Herstellers, zeigt Zivilcourage, die er später mit dem Leben bezahlt.
Als die Gruppe am S-Bahnhof Solln aussteigt, bleibt Brunner bei ihnen, alarmiert die Polizei. Plötzlich gibt es Zoff zwischen Brunner und den Schlägern. Sie sollen ihn zu Boden geschlagen und ihm mit ihren Füßen gegen den Kopf getreten haben. Brunner erlag wenig später seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus. Die Täter wurden in Tatortnähe festgenommen.
Als Christoph T. von der Festnahme erfuhr, ließ er seine Wut im Internet aus: „Schießt alle Bullen tot und holt den Basti und Markus raus.“ Das ist eine öffentliche Aufforderung zu einer Straftat. Der Prozess gegen Christoph T. findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der Saal 177 ist mit Absperrgittern und Sichtblenden uneinsehbar. Justizbeamte bewachen den Eingang. Verstärktes Polizeiaufkommen auch vor dem Justizzentrum.
Torsten Huber