Fahrrad-Trends: Turnschuh-Reifen, Radl-Limousine und mehr

München - Wer zu diesem Pressetermin mit seinem eigenen Fahrrad zu spät kommt, der hat eben eines mit drei Gängen, Rücktrittbremse und ohne Elektromotor und deshalb an der Theresienwiese wegen der Wiesn-Absperrung am Berg eindeutig zu viel Zeit verloren.
Mit einem der Räder, die Experte Gunnar Fehlau im Verkehrszentrum des Deutschen Museums vorstellt, wäre das nicht passiert: Beinahe ausnahmslos haben die Trendbikes der kommenden Saison einen eingebauten Mini-Motor – sowohl Rennräder als auch Transporträder, Mountainbikes, Klappräder und Liegeräder.
Und weil ohnehin immer mehr Menschen auf die Idee kommen, dass Radfahren weniger anstrengend sein kann. Zum Beispiel, wenn man schwerere Dinge transportieren möchte. "In den USA gibt es zum Beispiel bestimmte Jagdgebiete", erzählt Fahrradbuch-Autor und Hobbyradler Gunnar Fehlau, "in die dürfen sie mit einem Verbrennungsmotor nicht einfahren. Deshalb laden inzwischen viele ihre Jagdausrüstung auf ein Crossover-E-Bike und fahren damit los."
Die große Veränderung fängt aber schon im Kleineren an – zum Beispiel, weil mit einem E-Mountainbike für das Herumschauen beim Fahren mehr Luft und Konzentration bleibt.
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Mehr und bessere Technik – auch für das Dritt- und Viertrad
"Wir werden gerade Zeugen einer Umwälzung im Tourismus", sagt der Experte. Mit Motor, der das Bergauffahren erleichtert, und weiterentwickelten Reifen für mehr Sicherheit und Kontrolle, "trauen sich die Menschen auch öfter mal, abzubiegen, in ein Tal, zu der Burg, die noch da hinten ist, oder in einen Waldweg."
Sicherheit, Kontrolle, mehr schaffen und zwar mit weniger Aufwand – mithilfe ausgefeilterer technischer Möglichkeiten: Das sind inzwischen die Ansprüche, die Radler (mit einem entsprechenden Budget) an ihr Fahrrad haben.
Und ihr Zweitrad. Und das Drittrad. Und, wie Fehlau erwähnt, in seinem Fall: das Viertrad, "das ist bei mir ein Phat Bike" – so eines mit richtig dicker Bereifung.
Die neuen Technologien stammen teilweise aus radl-fremden Branchen oder sind um die Ecke gedacht: Da gibt’s dann automatische Luftpumpen (99 Euro), Fahrradtaschen für E-Bikes – mit Akku-Fach (119 Euro), ein Bügelschloss ohne Schlüssel, das per Handy-App geöffnet und geschlossen wird (ab 199,95 Euro) oder E-Bike-Wägelchen für den Hund, mit annähernd ebenerdigem Einstieg (799 Euro). Hunde haben uns gegenüber schließlich einen Nachteil: Sie können nicht einfach auf Elektro umsteigen.

Akku-Gepäcktasche: Einen draufgesetzt

Die oberste Prämisse für die Designer des ersten Klapprads mit Elektromotor von Brompton war: Baut es am besten so, dass man es genau so zusammenklappen kann, wie unsere normalen Klappräder. Was sie daraus gemacht haben, ist so effizient wie irgendwie auch ernüchternd: Sie haben ein ganz normales Klapprad gebaut – auf das man vorn über dem Vorderrad eine Gepäcktasche mit dem Akkus aufsetzen kann. Dort eingeklinkt verbinden sich die Kontakte und die Elektronik funktioniert.
Das Rad selbst wiegt etwa 14,5 Kilogramm, der Akkus noch einmal 3,5 Kilo – und zu dem in die Tasche könnte man dann auch den Laptop stecken oder Bücher. Ohne Motor einfach tretend fahren kann man mit dem Radl übrigens auch – alles andere wäre für knapp 3.200 Euro aber auch frech.
Limousine in Radform

Es ist alles dran, was man auch von seinem Maybach in der Garage kennt", sagt Experte Gunnar Fehlau. Klar, der Maybach in der Garage. Dass so eine Limousine nicht bei jedem steht, weiß Fehlau auch – ums Luxusgefühl geht es in diesem Fall.
Aber Fahrräder werden immer mehr auch zu Statussymbolen, sagt Fehlau – und das Trekking Trike "Scorpion" (HP Velotechnik, 8990 Euro) besitzt unter anderem Alufelgen, 24 Gänge, Ergolenker unter dem Sitz, extra für Dreiräder entwickelte Schutzbleche und eine einstellbare Federung.
"Und im Gegensatz zum Maybach", sagt Fehlau, "müssen Sie sich bei dem nicht auf eine Diskussion einlassen über Ihren ökologischen Fußabdruck."
Ein Fahrradreifen wie ein Turnschuh

Nach irgendwas zwischen Milchreis und zerkautem Kaugummi sieht das Material aus, das im neuen, aufpumpfreien Fahrradreifen "Airless" (Schwalbe, pro Laufrad 84,90 Euro) steckt anstelle der Luft und des üblichen Butyl-Kautschuk-Schlauchs mit Ventil.
Das weiße, gummiartige Material im Schlauch ist expandiertes, thermoplastisches Polyurethan, das in Tausenden kleinen Kügelchen angeordnet ist. Mit demselben Stoff werden inzwischen auch die Sohlen von besonders technisch verspielten Turnschuhen unterfüttert, damit sie den Fuß schön abfedern.
Weil die Reifentechnik so ausgefeilt ist, kann man sie aber auch nicht einfach aufziehen: Die Montage ist nur möglich in Fachwerkstätten mit einer Spezialmaschine.
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