Fahrlässige Tötung: 66-Jähriger touchiert mit seinem PKW einen Radfahrer

Harlaching - Es ist eine unbedachte Entscheidung, die Ernst Z. (66) im Winter vor zwei Jahren in seinem Mercedes trifft, doch für einen 86 Jahre alten Radler endet sie tödlich: Als Z. den Rentner überholt, stößt dieser ans Auto, stürzt und zieht sich schwere Verletzungen zu. Im Krankenhaus Harlaching stirbt er. Jedoch nicht direkt an den Verletzungen, sondern an einem Klinikkeim. Gestern vor dem Amtsgericht entscheidet aber nicht das über Z.s Schuld – sondern Grundrechenarten.
Z. wirkt nicht wie ein Mann, den so schnell etwas aus der Ruhe bringt. Mit seiner großen Brille, seiner gemütlichen Figur und um drei Knöpfe offenen Hemd sitzt er auf der Anklagebank. Fast im Plauderton erzählt er von dem Unfall, der ihm heute noch leidtut, oder wie er sagt: „Das war schon irgendwie blöd, saublöd.“ Z. hatte den radelnden Rentner an einer Engstelle in einer 30er-Zone überholt, bei einem parkenden Auto. Der 86-Jährige war vor Z. gefahren, hatte ein Handzeichen gegeben, dass er am PKW vorbei will. Da habe er sich noch gefreut, sagt Z.: „Endlich mal ein Radfahrer, der die Hand raushält.“ Warum er dann gerade dort zum Überholen ansetzte, das weiß er nicht mehr. Nur noch, dass es plötzlich „gescheppert“ hat.
<strong>Mehr zum Thema Gericht</strong>
Der Radler war zu nah an das Auto gekommen, stürzte und verletzte sich am Kopf. „Er hat massivst geblutet“, erzählt Z.s Frau Benedikta vor Gericht, die Beifahrerin war. Sie war lange Krankenschwester, arbeitet jetzt aber, was man auch sieht, als Kosmetikerin.
Das Ehepaar kümmerte sich um die Erstversorgung, rief die Polizei. Im nahen Krankenhaus Harlaching sah es zunächst so aus, als würde der 86-Jährige es schaffen. Dann aber fing er sich jedoch einen Keim ein und stirbt. Deswegen hatte Z.s Anwalt Andreas Geipel gegen den Strafbefehl von 90 Tagessätzen Einspruch erhoben.
Mehrere Zeugen und ein detailverliebter Verkehrsgutachter versuchen zwei Stunden lang, die Schuldfrage aufzudröseln.
Letzten Endes ist es aber eine simple Rechnung, die den Fall entscheidet. Die Amtsrichterin macht sie am Ende der Verhandlung mithilfe von Stift, Block und den Daten des Verkehrsgutachters. Der hatte Straßenbreite, das Auto und Radl vermessen. Bei der einfachen Minus-Rechnung kommt heraus: Z. hat mit weniger als einem Meter Abstand überholt, sich also auf jeden Fall falsch verhalten, zu wenig Sicherheitsabstand. Das sieht auch Z. Anwalt ein – und zieht den Einspruch zurück.