„Fahren’S doch bittschön außen rum“
Höchste Sicherheitsstufe in der Stadt. Mit Beginn der Sicherheitskonferenz (SIKO) sind rund 4000 Polizisten im Einsatz und weite Teile der City dicht
München ist momentan die sicherste Großstadt Europas. Rund 4000 Polizisten sorgen dafür, dass die 46.Sicherheitskonferenz, die am Freitagnachmittag im Hotel Bayerischer Hof begann, ohne Störungen verläuft. Zu Protestkundgebungen werden am Wochenende circa 5000 Demonstranten erwartet.
Rund um den Promenadeplatz herrscht seit dem Morgen der Ausnahmezustand. Im Bayerischen Hof hat die Bundeswehr das Kommando übernommen. 330 Soldaten kümmern sich im Hotel um die Sicherheit der Konferenzteilnehmer.
Draußen auf der Straße patrouillieren schwer bewaffnete Polizisten. Teile der City sind bis Sonntagnachmittag abgeriegelt. 3700 Polizisten aus einem halben Dutzend Bundesländer stehen bereit, dazu 250 Bundespolizisten, die in Bahnhöfen und Zügen die Augen aufhalten.
Ein enormer Aufwand für eine „Privatveranstaltung“. So nennt Organisator Wolfgang Ischinger das dreitägige Treffen von Militärs und Politikern. Die Bundesregierung schießt rund eine Million Euro zu: 441000 Euro kostet der Einsatz der Soldaten, 136000 der der Bundespolizisten. Dazu kommen nochmals 425000 Euro aus dem Etat des Kanzleramts – das ergab jüngst eine Anfrage der Fraktion der Linken im Bundestag.
An den Straßensperren wird jeder kontrolliert, der in den Sicherheitsbereich will. Autofahrer müssen den Kofferraum öffnen. Mit Spiegeln suchen Beamte den Fahrzeugboden nach Bomben ab. „Jedes Jahr dasselbe Theater“, schimpft Taxifahrer Rainer Brand. Einen alten Mann auf Krücken lassen die Polizisten durch. Ein Student in schwarzen Klamotten und Leninbärtchen hat dagegen Pech. „Fahren’S bitte mit ihrem Radl außen rum“, bekommt er zu hören.
Ansonsten haben die Polizisten kaum etwas zu tun. Knapp ein Dutzend Autos lassen sie im Laufe des Tages abschleppen, weil sie im Parkverbot standen. „Läuft alles nach Plan“, betont Polizeisprecher Stefan Sonntag.
Im Sperrbezirk herrscht unterdessen gespenstische Ruhe. Der Antiquitätenladen hinter dem Bayerischen Hof hat erst gar nicht aufgemacht. Beim Friseur bekommt man problemlos einen Termin. In den umliegenden Boutiquen stehen sich die Verkäuferinnen die Beine in den Bauch. „Für uns ist die Sicherheitskonferenz ein Verlustgeschäft“, erzählt eine, „wir hatten noch keinen einzigen Kunden.“
Am Marienplatz hat die Polizei Absperrgitter aufgebaut. Hier findet am Abend im Alten Rathaus der festliche Empfang der Stadt für die rund 300 Konferenzteilnehmer statt. 1000 Gegendemonstranten haben sich zu einem Antikriegskonzert angekündigt. Mit Trillerpfeifen und Trommeln wollen sie ordentlich Rabatz machen – auch wenn die Gäste im Festsaal davon kaum etwas mitbekommen werden. Ralph Hub