Fachkräftemangel spitzt sich zu: So lange müssen Münchner auf Handwerker warten

München - Durchschnittlich elf Wochen müssen Kunden auch in München momentan auf einen Handwerker warten, auf Bauhandwerker sogar rund vier Monate.
Branche kämpft mit Lieferengpässen, Preissteigerungen und Fachkräftemangel
"Das sind Rekordwerte", sagte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Die Wartezeiten dürften auch kaum sinken: Die Branche kämpft mit Lieferengpässen, enormen Preissteigerungen und Fachkräftemangel - alles auf einmal.
Dabei hatte die Handwerkskammer für München und Oberbayern eigentlich einen wirtschaftlichen Aufschwung erwartet, jetzt, wo die Corona-Beschränkungen nahezu vollständig ausgelaufen sind.
Die Handwerkskammer ist ernüchtert
Die Nachfrage, da war man sich sicher, war nur aufgeschoben, bald würde sie in die Höhe schnellen. Aber stattdessen: noch mehr Krise. Krieg in der Ukraine, strapazierte Lieferketten, steigende Energiepreise, Inflation. Die Handwerkskammer ist ernüchtert.
So wird die Internationale Handwerksmesse (IHM) 2022 in Riem
Anfang Juli findet immerhin zum ersten Mal seit zwei Jahren Corona-Pause wieder die Internationale Handwerksmesse (IHM) in Riem statt. Vom 6. bis 10. Juli werden rund 1.000 Aussteller aus 60 Gewerken erwartet. Sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird nächste Woche kommen, um die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft zu treffen. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wollen mit der Handwerksbranche ins Gespräch kommen. Ein Zeichen dafür, dass sie ihre Sorgen ernstnehmen.
Denn Energiewende, Ukraine-Krise und den Fachkräftemangel sind gerade eine Herausforderung. "Für viele Baustoffe sind Belarus, Russland und die Ukraine wichtige Lieferländer", sagt Holger Schwannecke vom Zentralverband des Deutschen Handwerks.
Einst Konjunkturanker: Auf vielen Baustellen stocken die Arbeiten
Selbst auf dem Bau, der bisher ein stabiler Konjunkturanker war, habe sich die Lage dramatisch verschärft. "Auf vielen Baustellen stocken die Arbeiten, in Kfz-Werkstätten fehlen Ersatzteile, bei den Industriezulieferern des Handwerks Rohstoffe und Vorprodukte."
Es mangele beispielsweise an Parkett, an Vorprodukten für das Fliesenhandwerk und an Bitumen, das für den Straßenbau verwendet wird. "Das bedeutet", sagt Schwannecke, "dass viele Kunden länger warten müssen, bis Arbeiten ausgeführt und Produkte geliefert werden können."
40.000 Stellen in Handwerksberufen in Bayern unbesetzt
Aber es mangelt nicht nur an Baustoffen, sondern auch an Arbeitskräften. "In Bayern sind aktuell 40.000 offene Stellen in Handwerksberufen gemeldet", sagt Franz Xaver Peteranderl, Präsident der hiesigen Handwerkskammer für München und Oberbayern. "Für rund die Hälfte davon sind keine geeigneten Arbeitslosen bei den Agenturen registriert." Grund für diesen Engpass sei auch durch eine verfehlte Bildungspolitik.
Die Folge trifft nun alle. Die Preise hätten sich um 20 Prozent gesteigert, schilderte der bayerische Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl die Lage. In einigen Kommunen werde ein Viertel der Bauanträge zurückgezogen. "Die ersten Wohnungsbauunternehmen warnen bereits vor einem abrupten Ende des Baubooms im kommenden Jahr", sagt er.