Deutsche Bahn: Zweite Münchner Stammstrecke kostet über elf Milliarden Euro
München - Die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München wird immer teurer. Inzwischen geht die Deutsche Bahn in ihrer Prognose bis zur geplanten Inbetriebnahme in gut zehn Jahren von Kosten in Höhe von mehr als elf Milliarden Euro aus.
Zweite Stammstrecke: Preissteigerung durch Inflation in Höhe von jährlich 2,5 Prozent?
Bisher sind 1,4 Milliarden Euro ausgegeben, jedoch haben die teuren Maßnahmen wie Tunnelbauten noch nicht begonnen. Ende 2024 hatten sich die Bau- und Planungskosten auf 9,369 Milliarden Euro addiert, wie am Dienstag im Landtags-Unterausschuss "Zukunft Stammstrecke" bekanntgegeben wurde. Dies bedeutet eine Steigerung um gut zwei Milliarden Euro binnen zwei Jahren.
Die Bahn rechnet auf die nächsten zehn Jahre mit einer Preissteigerung durch Inflation in Höhe von jährlich 2,5 Prozent – und kommt auf einen Endbetrag von 10,9 Milliarden Euro, wie ein Sprecher auf Nachfrage sagte. Zu diesem Betrag kommt noch der – vergleichsweise kleine – Anteil der Stadt München hinzu.
Verkehrsminister Bernreiter verweist auf Verantwortung der Bahn
"Bei dem heutigen Stand wird es nicht bleiben. Es ist ja schon abzusehen, dass die Kosten für die zweite Stammstrecke weiter massiv steigen werden", sagt der Grünen-Verkehrsexperte Markus Büchler, selbst Mitglied im Ausschuss.

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) sieht die Lage anders. "Bauherrin der zweiten S-Bahn-Stammstrecke München ist die Deutsche Bahn. Sie ist damit verantwortlich für Planung, Kosten und Bauzeit", betonte der Minister.
Verkehrsministerium kritisiert Vorpreschen der Deutschen Bahn
Die jetzt bekanntgegebene Kostensteigerung sei angesichts der bekannten Preisentwicklungen seit 2021 im Baubereich und der Auswirkung von Inflation und Zinssteigerung grundsätzlich zu erwarten gewesen. Ein Risikopuffer in Höhe von zwei Milliarden Euro sei bereits in den 9,369 Milliarden enthalten. "Ich habe seit meinem Amtsantritt von der DB Transparenz und Ehrlichkeit bezüglich Kosten und Terminen eingefordert", sagte Bernreiter.

Die regelmäßige Fortschreibung der Kosten gemäß Baupreisindex bis zum Wert des vorvergangenen Jahres entspreche der neuen vertraglichen Regelung zwischen Freistaat und DB. Nicht der Regelung entspreche aber die Veröffentlichung einer spekulativen Prognose bis zur Fertigstellung, wie sie die Bahn nun vorgenommen habe – niemand könne wissen, wie sich die Kosten bis dahin entwickeln werden, hieß es aus Bernreiters Ministerium.
Zweite Stammstrecke: Woher das Geld kommen soll, ist noch offen
Zahlen müssen der Freistaat Bayern und der Bund jeweils hälftig sowie die Stadt München einen kleineren Anteil. Woher das Geld genommen werden soll, ist bisher offen. Die eigentlich für den Nahverkehr vorgesehenen Regionalisierungsmittel des Bundes für die Länder sind angesichts der Dimension als nicht geeignet betrachtet worden – dann wären Investitionen in andere Projekte des bayerischen Nahverkehrs praktisch unmöglich.
AAN-Sprecher fragt: Nur ein 15-Minuten-Takt bei der S-Bahn?
Der Ausschuss-Vorsitzende Jürgen Baumgärtner (CSU) hatte Mittel aus dem von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Sondervermögen Infrastruktur vorgeschlagen. Die Idee, Mittel aus dem Klima- und Transformationsfond (KTF) zu verwenden, stößt beim Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr (AAN) im Münchner Forum auf Unverständnis und Widerstand.
Diese Mittel seien dazu gedacht, zukunftsfähige Maßnahmen zum Klimaschutz zu finanzieren, und nicht Löcher zu stopfen, die die
Bayerische Staatsregierung mit dem Bau des Tieftunnels selbst gegraben habe, wird AAN-Sprecher Berthold Maier in der entsprechenden Mitteilung zitiert: "Die Staatsregierung hatte vor rund zwei Jahrzehnten die Wahl, den S-Bahn-Südring auszubauen und das Netz für einen Zehn-Minuten-Takt zu ertüchtigen." Man habe dann lieber den Tieftunnel jahrelang geplant und schließlich auch gebaut, "der aber nach den vorliegenden Planungen nur einen 15-Minuten-Takt bei der S-Bahn ermöglichen soll".
Deutsche Bahn rechnet noch Inflationskosten bis zur Inbetriebnahme hinzu
Und AAN-Sprecher Matthias Hintzen ergänzt: "Generell müssen der ÖPNV-Ausbau und der Betrieb durch die reguläre Finanzierung
des Bundes und des Landes sichergestellt sein. Und wenn es der Freistaat mit dem Klimaschutz ehrlich meinen würde, würde er die Landeshauptstadt München beim Bau der Trambahn-Nordtangente durch den Englischen Garten unterstützen, anstatt hier immer wieder Gründe gegen den ÖPNV-Ausbau vorzuschieben."
Die Grünen üben grundsätzliche Kritik: Es hätte schnellere und günstigere Alternativen zur zweiten Stammstrecke gegeben – mit dem Prestigeprojekt der CSU würden nun Mittel für andere Vorhaben blockiert.
Kosten für Projektmanagement und Bauüberwachung klettern
Bisher war von 7,05 Milliarden Euro ausgegangen worden, zuzüglich der inflationsbedingten Preissteigerung seit 2021. Ursprünglich war sogar einmal der Betrag von 3,65 Milliarden Euro im Spiel – bei einer Fertigstellung 2026. Inzwischen geht die Bahn frühestens von einer Inbetriebnahme der Strecke im Jahr 2035 aus, eher 2036, vielleicht auch erst 2037.
Die jetzt berechnete Steigerung liege im Wesentlichen im Bereich des Baupreisindexes, hieß es im Ausschuss. Teurer als zunächst erwartet seien inzwischen unter anderem Kosten für das Projektmanagement und Bauüberwachung anzusetzen.
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