Interview

Ex-Chauffeur von Rudolph Moshammer: "Mosi liebte Silber, ich wasch' Gold"

Thomas Hilbert war Chauffeur von Modezar Rudolph Moshammer. Hilbert entdeckte Anfang der 2000er ein neues Hobby: Goldwaschen! Im AZ-Interview spricht er von einem wahren Goldrausch in Bayern.
Hüseyin Ince
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Thomas Hilbert wäscht probeweise Gold in der Isar, nahe der Reichenbachbrücke - wird aber nicht fündig.
Thomas Hilbert wäscht probeweise Gold in der Isar, nahe der Reichenbachbrücke - wird aber nicht fündig. © Bernd Wackerbauer

München - Wasserfeste Kleidung, zwei Rinnen, ein Sieb, ein spezieller Teller, um Gold zu waschen - und schon geht Thomas Hilbert los. Am Fluss pflegt er dann sein Lieblingshobby: Er wäscht zwei bis drei Stunden Geröll und Kies aus dem Wasser. Und übrig bleibt - Gold. In der AZ spricht Hilbert darüber, wo man überall Gold findet und ob eigentlich jeder suchen darf. Wir treffen ihn im Café Marimba in der Utzschneiderstraße.

AZ: Herr Hilbert, Goldsuche in Bayern, das klingt abenteuerlich. Wie sind Sie denn darauf gekommen?
THOMAS HILBERT: Ich hatte ja bei Mosi gekündigt und brauchte einen neuen Job. Also schlug ich Mitte der 90er beim Arbeitsamt auf. Ich fragte, welche Umschulung denn möglich wäre.

Und die sagten, werden Sie doch Goldwäscher?
Natürlich nicht, die sagten, wie wäre es denn mit Chemikant. Das interessierte mich. Bis heute arbeite ich übrigens als Chemikant.

"Gold macht die Leute einfach verrückt"

Aber wie entdeckten Sie dann das Gold-Hobby?
Bei der dreijährigen Umschulung in Burghausen hatten wir einen Dozenten, einen Chemiedoktor, der das Periodensystem in- und auswendig konnte. Ein faszinierender Mann. Gold, Silber, Kupfersulfat, Silbernitrat und immer wieder Gold. Das war wie eine Erleuchtung. Gold hat einfach eine Sonderstellung und macht die Leute verrückt.

Wie ging es weiter?
Ich habe mich intensiv eingelesen in der Bücherei Burghausen, lernte Leute kennen, die schon nach Gold gesucht hatten. Da habe ich auch eine Liste ausfindig gemacht, in einem Buch von Gerhard Lehrberger. Gold in Bayern, heißt es. 90 Euro kostet's. Findet man nur noch in Antiquariaten.

Sie haben es dabei: Gold in Bayern, Mineralogie, Geologie und Montangeschichte. Aha.
Aber wissen Sie, auch in Italien hat man schon ein Kilogramm Gold auf einmal gefunden. Rund um die Alpen wird man eigentlich immer fündig.

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Warum rund um die Alpen?
Die afrikanische Kontinentalplatte drückt jedes Jahr in Richtung Norden, gegen den europäischen Kontinent. So haben sich ja die Alpen gebildet. Und das Gestein, das sich aufgetürmt hat, ist südlich und nördlich der Alpen herabgefallen. Das beinhaltet Gold. Manchmal den Bruchteil eines Gramms, manchmal deutliche Gold-Nuggets.

Wo werden denn alpine Goldsucher noch fündig?
In den Schweizer Alpen zum Beispiel, Graubünden, am Oberrhein. Dort wurden schon Goldnuggets gewaschen, die bis zu 125 Gramm schwer gewesen sind.

Wie groß ist so ein 125-Gramm-Nugget?
Der hat ungefähr vier Zentimeter Durchmesser.

Wenn man ein Stück Pflasterstein und ein gleich großes Stück Gold nebeneinander legt, um wie viele Male wäre das Goldstück schwerer?
19 Mal. Und weil es so schwer ist, sinkt es immer an den tiefsten Punkt im Wasser, in vielen Flüssen, die in den Alpen ihren Ursprung haben.

"Bis zu 100 Tonnen Gold werden rund um München vermutet"

Wird man rund um München fündig?
Gerhard Lehrberger behauptet, dass östlich und südlich Münchens bis zu 100 Tonnen Gold im Kies liegen.

Warum glaubt er das?
Der war sein ganzes Leben lang in Bayern unterwegs und hat eben aufgelistet, wo überall in Bayern Gold gefunden wurde. Die Oberpfalz ist übrigens auch ein Gold-Hotspot. Und in München haben wir besonders viel Glück. Denn die Landschaft besteht oft aus Kiesschichten. Und in jedem Kies in der Nähe von Bergen ist Gold. Es ist so. Auch in der Weltgeschichte waren die schweren Metalle ja eher in tieferen Erdschichten. Aber die Alpen, so, wie die sich geformt haben, drückten eben die schweren Gesteine nach oben. Und wie gesagt, sie fielen nördlich und südlich herab. Oft wurden sie zerbröselt und vom Wasser davongetragen, bis sie wieder abgefallen sind. Natürlich auch Gold.

Nach wochenlanger Arbeit: So sehen etwa zwei Gramm Gold aus.
Nach wochenlanger Arbeit: So sehen etwa zwei Gramm Gold aus. © Bernd Wackerbauer

Klingt irgendwie logisch. An welchem Fluss sind Sie denn immer unterwegs, um Gold zu waschen?
Das bleibt mein Geheimnis. Denn dort, wo ich immer suche, nördlich von München, finde ich mit viel Geduld immer wieder das ein oder andere Gramm.

Und was machen Sie dann damit?
Manchmal verschenke ich es. Ich verkaufe es oft an den Kristalldrusen, ein Mineraliengeschäft in München. Für original bayerisches Gold zahlt er einen fairen Preis. Und er stellt mir zwei Goldwaschrinnen.

Sind Sie im Goldfieber, kann das sein?
Nicht nur ich. Und bei den steigenden Goldpreisen steigt auch die Zahl der Goldsucher wöchentlich.

"Meinen ersten Goldfund hab ich behalten"

Wo haben Sie Ihr erstes Gold gefunden?
Forellenbach, südlich von Weiden in der Oberpfalz.

Wie viel war das?
Etwas weniger als ein Gramm. Ich habe es aus Nostalgie behalten, nicht verkauft. Sehen Sie her (zeigt das Reagenzglas mit sehr feinem Gold).

Wo waren Sie denn schon überall, um nach Gold zu suchen?
Ich versuchte, diese Liste von Lehrberger ein wenig abzuarbeiten. Weißbach bei Traunstein, Trostberg, Garching an der Alz, Altötting.

Seit wann waschen Sie jetzt Gold?
Etwa seit zehn Jahren. Davor habe ich mal etwas Pause gemacht. Hatte viel Arbeit.

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Könnten Sie nur vom Goldwaschen leben?
Wenn ich acht Stunden am Tag waschen würde, ja. Aber man hält maximal zwei Stunden durch. Das ist schon sehr anstrengend. Und im Winter ist es eigentlich zu kalt dafür. Die Saison beginnt im März und endet irgendwann im September.

Was haben Sie alles dabei, wenn Sie Gold waschen?
Zwei Rinnen, die sind jeweils 1,5 Meter lang und 30 Zentimeter breit, einen Eimer und spezielle Schwenkteller. Ich installiere die Rinnen so im Fluss, dass ganz leicht Wasser durchfließt. Ich schöpfe einen Eimer, schütte den Kies und das Geröll auf die eine Rinne, dann auf die andere. Dann wasche ich das Geröll und den Kies langsam aus. Wenn Gold drin ist, fällt es sofort an den tiefsten Punkt und bleibt an der oberen Gummilippe hängen. Bingo, Gold.

"Der Preis hat sich in 20 Jahren fast versiebenfacht"

Klingt so einfach.
Einerseits ja, andererseits nein. Es ist schon anstrengend. Aber wissen Sie, es ist verrückt. Sie könnten hier im Café Marimba, mitten in München, einfach senkrecht zwei Meter in den Boden graben und die kiesige Erde auswaschen. Ich verspreche, dass Sie Gold finden.

Darf man Maschinen verwenden, um Gold zu suchen?
Das ist kompliziert. Das müsste ja eine Art Dieselaggregat sein, das sie da anschmeißen. Und da sind die Behörden sehr streng. Wird meistens nicht erlaubt. Man braucht eine Lizenz und ein Gewerbe, das angemeldet werden müsste. Lohnt sich kaum.

Wie hoch ist denn der Goldpreis zur Zeit?
Im Verkauf bei etwa 70 Euro pro Gramm. Allzeithöchststand. Aber für Isargold oder für Gold aus bayerischen Flüssen bekommen Sie mehr. Bis zu 120 Euro, weil es etwas seltener ist.

Wo lag denn der Preis für Gold vor 20 Jahren?
Da hat eine Unze, also 31,1 Gramm, 300 Euro gekostet. Die Feinunze kostet jetzt fast 2.000 Euro. Der Preis hat sich also in 20 Jahren fast versiebenfacht. Der Goldpreis kennt nur eine Richtung. Und wenn Krisen kommen, wie derzeit der Ukraine-Krieg oder die starke Inflation, dann wird es gleich deutlich teurer. Ich finde, es ist eine perfekte Langzeitanlage.

Eine Goldsucher-Rinne. Auf den dunklen Gummilippen bleibt Gold hängen.
Eine Goldsucher-Rinne. Auf den dunklen Gummilippen bleibt Gold hängen. © Bernd Wackerbauer

Auch jetzt, bei einem Allzeithöchststand?
Ja. Ich gehe davon aus, dass der Preis langfristig immer steigt. Ich glaube an Gold. Wenn Sie Ende der 90er investiert hätten, wäre Ihr Vermögen jetzt verzehnfacht. Den ersten großen Sprung machte der Goldpreis in den letzten 25 Jahren übrigens nach dem 11. September 2001. Ich kann mir vorstellen, dass die Feinunze irgendwann auch 5.000 Euro kosten kann.

Getreu dem Motto, irgendeine Krise kommt immer um die Ecke... Kommen wir zurück ans Wasser: Wo würden Sie an der Isar Gold waschen?
Je südlicher, desto besser. Auch an der Mangfall könnte man Gold finden. Hauptsache es ist ein Kies- oder Schotterboden.

Was passiert eigentlich, wenn sich zwei Goldwäscher am Fluss zufällig begegnen?
Man hält eher Distanz und markiert sein Revier ein wenig. Du kannst die Leute ja nicht davon abhalten. Und es werden immer mehr bei den Preisen.

"Bei Kälte wärmt mich das Goldfieber von innen"

Wissen Sie zufällig, seit wann in Bayern Gold gewaschen wird?
Da habe ich keine Informationen. Ich weiß aber, dass im 18. und 19. Jahrhundert königliche Goldwäscher angestellt wurden. Und die haben damals in 18 Jahren 23 Kilogramm Gold aus den bayerischen Flüssen gewaschen. Daraus wurden Münzen geprägt, die Flussgold-Dukaten. Die existieren heute noch. Auf den Donau-Dukaten ist das Bildnis von Kurfürst Max III. Joseph zu sehen. Auf den Rheingold-Dukaten sieht man König Ludwig I. Bei einer Auktion wurde so eine Drei-Gramm-Münze für mehr als 10.000 Euro versteigert. Also für ein Vielfaches ihres Goldwertes. Müsste eine Isar-Goldmünze gewesen sein.

Was fasziniert Sie denn so an Ihrem Hobby?
Gold hat etwas Magisches. Der Weg zum Fluss bleibt immer offen. Das ist wie Sport, auch bei Kälte. Das Goldfieber wärmt von innen. Es hält mich fit. Ich gehe ja oft mit zwei Freunden zum Gold waschen. Es ist also auch gute Gesellschaft dabei. Dazu das ein oder andere Getränk. Was will ich mehr?

Sie waren auch lange Zeit der Chauffeur von Rudolph Moshammer und kannten ihn recht gut. Etwa zwei Jahre lang. Was hätte er zu ihrem Gold-Hobby gesagt?
Mosi liebte Silber. Er hatte alles Mögliche aus Silber. Ich habe nie einen Goldschmuck an ihm gesehen. Ich wasch' ja Gold. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was er dazu sagen würde. Wirklich schwer einzuschätzen.

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7 Kommentare
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  • AlbertM am 21.03.2022 23:05 Uhr / Bewertung:

    Meine Güte, um was geht es da und wer is des scho wida1???

  • SusiSauer am 21.03.2022 00:22 Uhr / Bewertung:

    "Dukaten aus Rheingold"...wie das schon klingt. Das hat was.
    Hätte ich auch gerne einen. grinsen

  • Fußball-Fan am 20.03.2022 20:32 Uhr / Bewertung:

    Friseur und Fußpfleger von Mosi haben bestimmt auch eine aufgeblähte Geschichte parat. Ernsthaft, schreiben Sie bitte lieber über Mietwucher in München. Oder eine Serie über Skandale bayerischer Politiker - da gibt es mehr zu berichten.

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