Ex-BND-Agent: Der Spion, der sich verliebte

München Liebe und Spionage – das war schon immer eine heikle Kombination. Nicht nur die Filmgeschichte, auch die Historie der Geheimdienste ist voll von den Liebesquerelen ihrer Agenten. James Bond und Mata Hari lassen grüßen.
Auch der deutsche Ex-Agent Paul C. (Name geändert) weiß inzwischen, wie kompliziert Herzensdinge werden können, wenn man für den Bundesnachrichtendienst (BND) arbeitet. Weil er sich in eine Lettin verliebt hatte, wurde der Mann strafversetzt – nach Hause. Die Versetzung ging ihm so nahe, dass der Spion, der sich verliebte, bald darauf krank und dienstunfähig wurde.
Der Mann will deshalb Entschädigung für die Folgen der ungerechtfertigten Versetzung. Die ursprüngliche Forderung: 392 000 Euro. Die genaue Höhe müsste im Erfolgsfall der Klage in einem zweiten Verfahren aber erst festgesetzt werden. Am Donnerstag verhandelte das Oberlandesgericht den Fall.
Allerdings nicht in öffentlicher Sitzung. Nicht etwa weil große Spionage-Geheimnisse verhandelt wurden, nein, es galt vielmehr die Intimsphäre des Mannes zu schützen.
Der Vorsitzende Richter des OLG-Zivilsenats, Thomas Steiner, erläuterte seine Entscheidung jedenfalls so: „Die Erörterung der Sach- und Rechtslage erfordert zwingend die Diskussion von Umständen aus dem persönlichen Lebensbereich des Klägers. Spätestens bei der Frage der Kausalität (ob die Krankheit Folge der Versetzung ist, die Red.) sind sehr persönliche Fragen zu erörtern.“
Der Fall: Paul C. leitete den BND-Sitz in Riga. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit im Baltikum wurde ihm erklärt, dass enge persönliche Beziehungen in dem Einsatzland nicht erwünscht sind. Unter Umständen drohe die Rückversetzung. Dennoch zog 2007 eine Lettin bei Paul C. ein.
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Die war zwar zuvor vom lettischen Geheimdienst überprüft worden, aber der BND nahm es seinem Agenten übel, dass er sich nicht zuerst bei den Pullachern gemeldet hatte. Außerdem hätte er seine Aufsichtspflicht verletzt, weil ein anderer Mitarbeiter ebenfalls eine Beziehung zu einer Lettin unterhielt. Die Konsequenz: Paul C. wurde 2008 nach Deutschland zurückbeordert. Und wurde hier krank.
Er klagte und errang vor dem Landgericht einen Etappensieg. Die Richter gaben seiner Forderung zu drei Vierteln statt, nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen festgestellt hatte. Dagegen ging die Bundesrepublik in Berufung.
Der Prozesstag am OLG verlief offenbar zur vollsten Zufriedenheit des Klägers. Anwalt Klaus Lübke erklärte im AZ-Gespräch, dass das Gericht dem BND auftrug, sich binnen sechs Wochen zu einer Reihe von Details zu äußern.
Zudem sollen sich beide Parteien zu einem Vergleichsvorschlag äußern, der 50 000 Euro für den Ex-Agenten zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche vorsieht. Vom Ergebnis hängt der weitere Verlauf des Verfahrens ab.