Ex-Audi-Chef Rupert Stadler verurteilt: Ein Deal, wie ihn sonst keiner bekommt

München - Strafurteile wie das am Dienstag gegen den ehemaligen Audi-Vorstandsvorsitzenden Rupert Stadler und zwei Mitangeklagte verkündete stellen das Rechtsempfinden breiter Bevölkerungskreise und deren Vertrauen in die Justiz stets auf eine harte Probe.
Dem Urteil ging ein "Deal" zwischen den Prozessbeteiligten voraus: Gestehen die Angeklagten, können sie mit einer Bewährungsstrafe rechnen. Und so geschah es auch.
Rupert Stadler richtete bei Audi eine "Umweltsauerei" an
Mit einem solchen "Deal" kann kein Ladendieb oder Trunkenheitsfahrer rechnen, sondern nur jemand, der – wie im Fall Stadler – einen Schaden von 69 Millionen Euro auf eine so komplexe Art und Weise angerichtet hat, dass mindestens 170 Verhandlungstage benötigt werden, um halbwegs Licht in die Sache zu bringen.
Der Mitangeklagte und ehemalige Chef der Motorenentwicklung bei Audi soll wegen seiner maßgeblichen Rolle beim Austüfteln unerlaubter Abgasmanipulationen sogar 2,2 Milliarden Euro an Schaden verursacht haben – neben der "Umweltsauerei", wie der Staatsanwalt formulierte.
Rupert Stadler: War der Diesel-Skandal ein Kavaliersdelikt?
Die Drohung des Gerichts, Stadler und die anderen tatsächlich für längere Zeit hinter Gitter zu bringen, erzwang letztlich eine Erklärung des ehemaligen Audi-Chefs, die man mit viel gutem Willen als eine Art Geständnis werten konnte. Er habe es an Sorgfalt fehlen lassen, räumte Stadler ein. So wie ein Autofahrer, der beim Rangieren ein paar Kratzer verursacht hat, weil er es an Sorgfalt fehlen ließ. Eine lässliche Sünde also, nahe am Kavaliersdelikt.
Aus den Bewertungen des Vorgangs durch einen Staatsanwalt spricht Resignation. Es sei zweifelhaft, ob man die in strafrechtlicher Hinsicht Hauptverantwortlichen des Diesel-Abgasskandals überhaupt identifizieren könne, "wenn zu viele Beschuldigte in die falsche Richtung laufen". Über diese Aussage und deren Bedeutung sollte man nachdenken.
Nach dem Aus bei Audi: Was bleibt Rupert Stadler finanziell?
Freilich ist es nicht so, dass Stadler und Mitstreiter jetzt fröhlich ihren Wohlstand genießen könnten. Gesellschaftlich und finanziell bedeutet der über 171 Verhandlungstage laufende Prozess einen Absturz aus großer Höhe – insbesondere für Stadler. Er und die andere Angeklagten haben neben den Geldstrafen (1,1 Millionen Euro für Stadler) die Prozesskosten in Millionenhöhe zu tragen. Stadler hat nach Medienberichten bereits 4,1 Millionen Euro an Schadenersatz an seinen früheren Arbeitgeber gezahlt.
Nach dem Aktienrecht müsste der Autokonzern eigentlich den vollständigen Schaden vom ehemaligen Audi-Chef und den Mitangeklagten einfordern. Stadler hat in seiner aktiven Zeit mehr als gut verdient – wie es sich für deutsche Auto-Bosse gehört. Die Süddeutsche Zeitung bezifferte seine Bezüge allein im Jahr 2017 auf 5,1 Millionen Euro. Es bleibt Spekulation, ob und was davon der Ex-Topmanager in Sicherheit bringen konnte, ehe er 2018 für vier Monate in Untersuchungshaft genommen wurde.