EU verbietet Kinderwagen auf Rolltreppen

Die EU schlägt zu: Jetzt sind auch noch Kinderwagen auf Rolltreppen verboten. Für die MVG ist das "ausgemachter Blödsinn".
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Die EU schlägt zu: Jetzt sind auch noch Kinderwagen auf Rolltreppen verboten. Für die MVG ist das "ausgemachter Blödsinn".

Mit dem Krümmungsgrad von Gurken hat sie sich schon beschäftigt. Genauso mit dem Salzgehalt von Backwaren. Jetzt hat die Europäische Union eine neue Regel hervorgebracht, die so manches Kopfschütteln hervorruft. Sie lautet: Die Mitnahme von Kinderwagen auf Rolltreppen ist untersagt. In Deutschland ist das Ganze jetzt in der „DIN EN 115“ geregelt – einer Norm, die sich mit der „Sicherheit von Fahrtreppen und Fahrsteigen“ befasst.

Herbert König, Chef der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), hat wenig Verständnis für das neue Verbot, das seit 1. Januar gilt: „Wir wurden von dieser neuen Norm überrascht, wir haben sie nicht gewollt und ich halte sie für ausgemachten Blödsinn.“ Rolltreppen würden schließlich installiert, um gerade Menschen, die sich mit der Benutzung von normalen Treppen schwer tun, den Weg zu erleichtern. „Dass Frauen und Männer mit Kinderwagen zu diesen Personengruppen gehören, dürfte unstrittig sein“, wettert König. Exakt 761 MVG-Rolltreppen gibt es seinen Angaben nach in München. König sieht in der EU-Norm einen klaren Fall von „Überregulierung“.

Die Münchner Verkehrsgesellschaft will keine Schilder anbringen

Deswegen will die Verkehrsgesellschaft auch eine Art passiven Widerstand erproben. Und zwar wie folgt: Sie will die geforderten Verbots-Piktogramme für neue Rolltreppen (siehe Foto) zunächst einmal nicht anbringen. Und es darauf ankommen lassen, ob die Zulassung neuer Rolltreppen daran tatsächlich scheitert. Derzeit gilt die Norm nämlich nur für neue Rolltreppen. Laut MVG haben die Hersteller aber schon angekündigt, dass sie auch für bestehende Exemplare geändert werden soll.

Was passiert eigentlich, wenn man sich nicht an das neue Verbot hält? Da es sich bei der EU-Norm EN 115 nicht um ein Gesetz handelt, ist bei Verstößen wohl nicht mit einer Strafe zu rechnen. Trotzdem können Eltern, die sich auch in Zukunft mit Kinderwagen auf die Rolltreppe wagen, Probleme bekommen – und zwar, wenn sie verunglücken. Dann sollten sie besser nachweisen können, dass der Kinderwagen nicht Schuld an dem Unfall war. Sonst könnte die Haftpflichtversicherung des Treppenbetreibers Probleme machen.

Bei der MVG kann man sich allerdings in München an keinen Rolltreppen-Unfall mit Kinderwagen erinnern. „Sicher ist das Unfallrisiko bei Benutzung eines Aufzuges noch geringer“, heißt es. Doch was, wenn der ausfällt? Dann müssten die Eltern laut Norm auf die normale Treppe ausweichen. Ob das weniger gefährlich ist, sei dahin gestellt.

lj

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