EU redet jetzt mit bei der Familienplanung in Hellabrunn
München – Das Problem ist gar nicht so groß, es hat nur etwa 50 Zentimeter Schulterhöhe. Und ziemlich knuddelig sieht er aus, so ein Chinesischer Muntjak – der kleinste Vertreter der Hirschgattung.
Der Chinesische Muntjak gehört wie auch der Waschbär und das Grauhörnchen zu den 37 Tier- und Pflanzenarten, die jetzt in die „Liste der unerwünschten Arten“ für die Europäische Union aufgenommen wurden – eine erste Liste sogenannter invasiver fremder Arten, deren weitere Ausbreitung in Europa bekämpft werden soll, um die heimischen Arten zu schützen.
„Unsere Arbeit wird dadurch schwieriger“, sagt ein Hellabrunn-Sprecher
Das bedeutet: Haltung, Import, Verkauf und Zucht von Arten, die von anderen Kontinenten stammen und sich in Europa schon mehr oder weniger ausgebreitet haben, sollen beschränkt werden – auch für Tierparks und Zoos. Die dürfen ihre Tiere zwar behalten, müssen aber dafür sorgen, dass diese nicht ausbrechen – und sich nicht fortpflanzen.
Das betrifft auch Hellabrunn. Der besitzt tatsächlich Tiere von der Liste, nämlich ein Muntjak-Paar. Das ist zwar nicht zur Zucht gedacht, „in dieser Hinsicht ist Hellabrunn nicht konkret betroffen“, sagt Tierpark-Sprecher Daniel Hujer. Waschbären, Nutrias oder Schwarzkopfruderenten, die ebenfalls auf der Liste stehen, gibt es in Hellabrunn nicht. „Aber perspektivisch wird unsere Arbeit durch diese Bestimmung natürlich schwieriger“, sagt Hujer.
Das für 2019 geplante „Mühlendorf“, das den Besuchern die Flora und Fauna von Mitteleuropa näherbringen soll, war beispielsweise auch dafür gedacht, das Thema „invasive Arten“ zu veranschaulichen - natürlich sollten solche dort auch gezeigt werden.
Das Problem kostet die EU jährlich zwölf Milliarden Euro
Die EU befürchtet bei deren Verbreitung einen Verlust an heimischer Artenvielfalt und wirtschaftliche Verluste: „Manche Tier- und Pflanzenarten können Grund und Boden, Ernten und Viehherden schädigen, weshalb wir sie möglichst fern- oder zumindest unter Kontrolle halten müssen“, sagt EU-Umweltkommissar Karmenu Vella. Das Problem koste die EU jährlich zwölf Milliarden Euro.
Der Kern des Problems seien aber nicht der Kleine Mungo, der Rote Amerikanische Sumpfkrebs oder das Großblütige Heusenkraut, sagte Roland Gramling, Sprecher der Umweltorganisation WWF, dem Deutschlandfunk. „Das sind Kleinstlebewesen aus dem Meer, die über das Ballastwasser in unsere Flüsse, in unsere Seen, in unsere Meeresregionen vordringen.“ Nichtsdestotrotz tritt die Bestimmung bald in Kraft.
„Aus unserer Sicht ist es kontraproduktiv, invasive Arten nicht zu zeigen“, kritisiert Daniel Hujer. Verursacher seien nicht Tierparks und Zoos, sondern zum Beispiel Privathalter, die sich fremde Tiere zulegen und sie wieder aussetzen. „Unter anderem diese Menschen im Rahmen unseres Bildungsauftrags zu informieren, diese Möglichkeit nimmt man uns.“
- Themen:
- Europäische Union
- Tierpark Hellabrunn