Willis winzige Welt

Willi Peter war mal Kunstreiter beim Circus Krone. Als er damit aufhören musste, verkaufte er Uhren. Nun backt er Flammkuchen – im selben Laden.
von  Thierry Backes
„Ich bin kein Mensch, der sich einfach zur Ruhe setzt“: Willi Peter (65) bei der Arbeit in seinem Flammkuchen-Laden an der Türkenstraße 66.
„Ich bin kein Mensch, der sich einfach zur Ruhe setzt“: Willi Peter (65) bei der Arbeit in seinem Flammkuchen-Laden an der Türkenstraße 66. © Petra Schramek

Zugegeben: Es ist irre heiß in Willis Reich. Drei Öfen brummen auf 14 Quadratmetern, da kann der Ventilator an der Decke auch noch so schnell drehen – die Hitze kriegt er aus dem Laden einfach nicht raus. Vielleicht sitzt der Willi ja deswegen meist auf der Terrasse des Bäckers nebenan und wartet auf seine nächsten Kunden.

Willi heißt eigentlich Wilhelm Peter und ist von Beruf Überlebenskünstler. Dass er nun, mit 65 Lenzen, noch einmal neu anfängt und Flammkuchen backt, daran ist dieses Internet Schuld. Nicht, dass er damit nichts anzufangen wüsste, im Gegenteil: sein Imbiss hat sogar eine Homepage. Das Internet ist vielmehr dafür verantwortlich, dass Willi heute keine Uhren mehr verkauft.

Doch der Reihe nach: Willi Peter war noch keine zwanzig, eher zehn sogar, als er beim Circus Krone anheuerte. „Ein Freund von mir hatte Verwandte dort, die haben einen Lehrjungen gesucht, und ich war begeistert von deren Reiternummer.“ Es dauerte nicht lange, und schon war der kleine Willi selbst Kunstreiter, „der jüngste Jockey Europas“, wie er sagt.

Willi Peter kam damals viel rum, er arbeitete in England, Frankreich, Italien, Dänemark. Doch irgendwann wurde er zu alt für die Zirkusnummer, er ging auf die Hotelfachschule in Kopenhagen, jobbte als Bartender, und landete doch wieder in München. Im Oktober 1986 eröffnete er einen Uhrenladen, genau auf den 14 Quadratmetern, auf denen er heute seine Flammkuchen feilbietet.

Der Uhrenladen lief lange Zeit gut. Als der Hersteller Festina die Münchner Löwen sponsorte, mussten die Spieler bei ihm antanzen, um ihre Uhren abzuholen. In den vergangenen Jahren aber wanderte das Geschäft ins Internet ab. Also entschied Willi Peter sich, etwas Neues zu wagen: „Ich bin kein Mensch, der sich einfach zur Ruhe setzt.“

Er tüftelte an einer Idee, entschied sich für Flammkuchen und experimentierte so lange in seiner Küche herum, bis er eine Handvoll Rezepte zusammenhatte. Bei „Willi’s Flammkuchen“ gibt es nun Herzhaftes und Süßes. Ein großer Flammkuchen (38 x 28 cm) mit Thunfisch, Frühlingszwiebeln, Dill und Rahm kostet 8,50 Euro, ein kleiner (28 x 19 cm) mit Rahm, Speck und Zwiebeln 3,50 Euro. Wer will, kann die Zutaten auch durchmischen, der Willi ist da sehr entspannt. Wie sollte er auch anders sein?


Türkenstraße 66, Mo. bis Fr. 11 – 22 Uhr, Sa. 11 – 20 Uhr, So. 15 – 20 Uhr, Tel. 2809654

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