Von Brot, Blogs und Büchern

Aus einem Antiquariat in der Maxvorstadt ist vor einem Monat das Café „Hammerstein & Maier“ geworden
Laura Kaufmann |
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Das wohl kleinste Café weit und breit von außen betrachtet.
Gregor Feindt 3 Das wohl kleinste Café weit und breit von außen betrachtet.
Jeden Tag frisch: Brote, Sandwiches, Tramezzini und Kaltschalen.
Gregor Feindt 3 Jeden Tag frisch: Brote, Sandwiches, Tramezzini und Kaltschalen.
Schöne Symbiose: Cappuccino und Schoko-Mandel-Törtchen.
Gregor Feindt 3 Schöne Symbiose: Cappuccino und Schoko-Mandel-Törtchen.

Viele Leute bleiben vor dem runden Schaufenster in der Augustenstraße stehen und wundern sich, wo die Bücher geblieben sind. Und der ältere Herr, der da oft abends noch zwischen seinen Schätzen saß und Musik hörte. Jetzt stehen da frische Kräuter hinter der Scheibe, und wenn die Leute ihren Blick über den schmalen Tresen am Fenster schweifen lassen, sehen sie Tartes in Kuchenglocken auf der Theke und eine Vitrine voller Tramezzini, Brote, Sandwiches.

Wieder ein altes Geschäft verschwunden, mag sich manch einer denken. Aber wer hineingeht und mit der Frau hinter dem Tresen redet – oft ist das Gerda, eine Frau mit blitzenden Augen und bunt gemustertem Tuch im Haar – erfährt, dass die Tochter die Geschäfte im Sinne des Vaters weiterführt.

„Er war schon länger krank, bevor er letztes Jahr gestorben ist“, sagt Petra Hammerstein. „Als wir ihn gefragt haben, was er davon hält, wenn wir ein Café aus dem Laden machen, hat er sich gefreut.“

Hammerstein ist täglich hier, morgens kocht sie das Tagesgericht auf der Herdplatte, meist Eintöpfe (ca. 4,50 Euro), belegt Naans (3,20), Sesamfladen (3,20), macht Pasten für Tramezzini (ca. 2,50). Wenn sie nicht hier ist, kauft sie ein, dienstags und samstags auf den Bauernmärkten in der Gegend, oder sie arbeitet mit ihrer Mutter im zweiten Antiquariat der Familie in der Türkenstraße.

Manchmal klingelt dort das Telefon, und am Apparat ist jemand, der nicht nach einem Buch sucht, sondern fragt: „Und das Ei kann man wirklich frittieren, da explodiert nichts?“. Das mag seltsam klingen, – doch Hammerstein betreibt schon länger einen Blog. Auf dermutanderer.de schreibt sie von neuen Rezepten, die sie ausprobiert hat, von Brotzeiten und Bauernmärkten, viel über Metzgereien, denn sie liebt Fleisch.

1000 Leute pro Tag lesen das, sogar für einen Blog-Preis war sie nominiert. Mittlerweile tauchen dort viele Rezepte auf, die sie im Café austestet: Tramezzini mit Räucherlachs und Physalis, Eintopf mit Graupen und Gemüse, Cannelloni mit Ricotta-Spinat-Füllung. „Antiquariat Hans Hammerstein“ stand früher an der Scheibe, heute „Hammerstein & Maier“.

Corinna Maier ist Petra Hammersteins Geschäftspartnerin, sie backt und steht samstags im Café. Der Laden ist winzig klein, viele holen sich etwas zum Mitnehmen oder trinken einen schnellen Espresso (1,60) am Tresen – „danke, jetzt bin ich wieder wach“, sagt die Berufsschülerin – manche nehmen sich Zeit zum Mittagessen, setzen sich an die Barhocker im Fenster oder auf die zwei Plätze draußen.

„Schön bei euch, wir kommen sicher wieder“, sagt die Mutter mit ihren Töchtern beim Zahlen. Das Hammerstein in der Augustenstraße ist jetzt Café statt Antiquariat – ins Viertel passt es als solches ebenso schön.


Augustenstraße 101, Montag bis Freitag 8 – 19 Uhr, Sa. 10 – 16 Uhr, Tel.: 52 65 64

 

 

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