Trotz Lockdown: Auch dieses Jahr werden die Michelin-Sterne vergeben
München - Es steht fest. Auch heuer werden sie vergeben: die begehrten Sterne der Feinschmecker-Bibel Guide Michelin. Wie eh und je werden mit dieser Auszeichnung die besten Restaurants gekürt - dieses Jahr allerdings erstmals die besten geschlossenen!
Klingt merkwürdig und ist es auch. Schließlich müssen sämtliche Restaurants seit November im inzwischen zweiten Lockdown geschlossen bleiben. Doch der Guide Michelin bringt seine Ausgabe 2021 der Corona-Pandemie quasi zum Trotz heraus. Man will den Gastronomen Anerkennung zollen, die Branche unterstützen und so deren Kundschaft schon mal Lust auf Haute Cuisine machen.
13 Sterne-Restaurants in München
Wie jetzt bekannt wurde, wird die neue Michelin-Sterne-Auswahl für Deutschland am kommenden Freitag, 5. März, veröffentlicht. Spitzen-Köche und -Köchinnen fiebern diesem Termin alljährlich entgegen: mit großen Erwartungen, Hoffnungen, oft auch etwas Bammel.
Dieses Gefühls-Sammelsurium gibt es in München vielerorts. Schließlich hat die bayerische Landeshauptstadt mittlerweile nach Berlin die meisten Sterne-Lokale in Deutschland.
Letztes Jahr brachte es München auf stolze 13 Sterne-Restaurants: einmal gab's drei Sterne (womit der Guide Michelin "Eine einzigartige Küche" auszeichnet), fünfmal zwei ("Eine Spitzenküche") und siebenmal je einen Michelin-Stern ("Eine Küche voller Finesse").
Unangefochten an der Spitze ist das Restaurant Atelier im Hotel Bayerischer Hof. Dass Küchenchef Jan Hartwig auch heuer wieder für drei Sterne sorgen wird, dürfte feststehen.
Große Veränderungen sind auch sonst nicht zu erwarten. Sieht man davon ab, dass es diesmal zweifelsfrei zwei Sterne weniger geben wird. Der Grund: Im Juni 2020 entschieden die drei Gastro- und Hotelier-Brüder Carl, Michael und Stephan Geisel (Königshof, Beyond und mehr), Corona-bedingt ihr Zwei-Sterne-Lokal "Werneckhof by Geisel" für immer zu schließen. Damit verlor auch dessen Küchenchef Tohru Nakamura seinen Job und den offiziellen Sternekoch-Titel, der vom Guide Michelin nicht an einzelne Köche, sondern an Restaurants verliehen wird.

Die vier verbleibenden Zwei-Sterne-Restaurants werden diesen Status fraglos allesamt auch in der neuen Ausgabe wiederfinden, was nur gerechtfertigt wäre: das Restaurant Alois im Feinkosthaus Dallmayr mit Küchenchef Christoph Kunz, das Esszimmer in der BMW-Welt mit Bobby Bräuer sowie das Restaurant Les Deux im Schäfflerhof, dessen Küchenchef Edip Sigl den Gourmet-Herd Ende 2020 verlassen hat.
Zu guter Letzt: der legendäre Zwei-Sterne-Tempel Tantris, wo jetzt nach fast drei erfolgreichen Jahrzehnten die Ära von Küchenkünstler Hans Haas zu Ende ging. Im Lockdown wird im Tantris gerade groß umgebaut.
Was die sieben Restaurants mit je einem Stern betrifft, so ist auch hier davon auszugehen, dass die anonym vorgehenden Michelin-Tester wie im Vorjahr entschieden haben. Mit neuen Aufsteigern ist gerade in diesen herausfordernden Corona-Zeiten kaum zu rechnen.
Schuhbeck derzeit kein Sternekoch
Demnach hätten weiterhin folgende Feinschmecker-Adressen einen Stern: Acquarello in Bogenhausen, Gabelspiel in Giesing, Showroom in der Au sowie Tian beim Viktualienmarkt, wo komplett vegetarische Gerichte kreiert werden. Das Mural im Street-Art-Museum Muca und das Sparkling Bistro in der Amalienpassage bekamen 2020 erstmals einen Stern. Diesen konnten beide höchstwahrscheinlich ebenso verteidigen wie Münchens (leider noch immer einzige) Sterneköchin Maike Menzel vom Schwarzreiter im Hotel Vier Jahreszeiten, die sich nun erstmal in Mutterschutz verabschiedet hat und fraglos auch Zwei-Sterne-Köchin sein könnte.

Bleibt Gastro-Tausendsassa Alfons Schuhbeck. Im Guide Michelin 2020 in Buchform findet man "Schuhbecks Fine Dining"-Restaurant Alfons beim Platzl mit einem Stern gelistet. Dennoch ist der langjährige Sternekoch seit letztem Jahr erstmal keiner mehr. Schließlich wurde sein Gourmet-Treff Anfang 2020, als der Gourmet-Führer schon gedruckt war, endgültig geschlossen. In der Michelin-Online-Version ist der Fall längst klar.
Nicht klar ist indes, wie's weitergeht. Vor dem 2016 eröffneten Restaurant Alfons bescherten dem umtriebigen Schuhbeck am Platzl seine Südtiroler Stuben bis 2017 einen Stern. Ob diese möglicherweise mit neuem Fine-Dining-Konzept wieder für prestigeträchtigen Sternenglanz sorgen werden, wird die Zukunft zeigen, die aktuelle Michelin-Ausgabe wohl nicht.
Fakt ist: Die Bewertungen des berühmten Restaurant-Führers haben einen großen Marketing-Effekt, der in der Regel auch die Kassen klingeln lässt.
Dafür müsste aber erstmal der Wunsch von Guide-Michelin-Deutschland-Chef Ralf Flinkenflügel in Erfüllung gehen, den er mit so vielen teilt: "Ich wünsche mir, dass die Restaurants bald wieder öffnen dürfen und zahlreiche Gäste dazu beitragen, die Zukunft der Gastronomen zu sichern."Wann es soweit ist, haben die Gastronomen nicht in der Hand - sondern die Politiker.