"Gehen vorwärts, schauen aber auch zurück": Kult-Wirtshaus in München öffnet wieder

Der Alte Simpl in München feiert seine Wiedereröffnung. Mit neuer Wirtin, großen Plänen und jeder Menge frischem Wind. Die AZ hat die vegetarische Küche getestet.
von  Ruth Frömmer
Die neue Wirtin Sina von Tongelen hat wieder ein Klavier in den Alten Simpl gestellt. Darüber wacht die berühmte rote Dogge von Thomas Theodor Heine. Wenn Orchester-Musiker hier Feierabend machen, können sie noch ein bisserl weiter musizieren.
Die neue Wirtin Sina von Tongelen hat wieder ein Klavier in den Alten Simpl gestellt. Darüber wacht die berühmte rote Dogge von Thomas Theodor Heine. Wenn Orchester-Musiker hier Feierabend machen, können sie noch ein bisserl weiter musizieren. © Daniel von Loeper

Maxvorstadt - "Wir gehen vorwärts, schauen aber auch ein Stück zurück." So bringt Sina von Tongelen, die Wirtin des neuen Alten Simpl, ihr Konzept auf den Punkt. Am Samstag feiert die Wirtschaft offizielle Eröffnung mit einer Brauereikutsche von Löwenbräu, Blaskapelle und allem Drum und Dran. Für Gäste geöffnet hat das geschichtsträchtige Lokal schon am vergangenen Samstag.

1903 wurde Kathi Kobus die berühmte Kneipenwirtin des vorherigen Kaffeehauses Kronprinz Rudolf, benannte es nach dem Satiremagazin Simplicissimus und wurde zur Anlaufstelle der Schwabinger Bohème. Maler, Schriftsteller, Schauspieler und "Schönheitstänzerinnen" waren ihr Publikum, darunter Oskar Maria Graf, Frank Wedekind, Erich Mühsam und viele andere.

Alter Simpl in München: Nach der Insolvenz soll es wieder vorwärtsgehen

Der Karikaturist Thomas Theodor Heine schuf das Logo: eine rote Dogge mit Sektflasche zwischen den gefletschten Zähnen. Vor der Tür leuchtete eine rote Laterne. Drinnen standen als Hausdichter regelmäßig Karl Valentin und Joachim Ringelnatz auf der Bühne.

Diese alte Kachelwand haben die Arbeiter unter einer Verkleidung entdeckt und wieder freigelegt.
Diese alte Kachelwand haben die Arbeiter unter einer Verkleidung entdeckt und wieder freigelegt. © Daniel von Loeper

Nach Kobus gab es viele Wirte. Von 1960 bis 1992 führte die Schauspielerin Toni Netzle den Simpl, wie er von Anfang an von allen genannt wurde. Der letzte Betreiber musste Insolvenz anmelden. In der Kulturszene hat das Lokal in den vergangenen Jahren keine Rolle mehr gespielt. Aber das möchte Sina von Tongelen jetzt wieder ändern. Die Mutter von drei Kindern hat zuletzt 15 Jahre lang im Atzinger gearbeitet und will die Kultur zurückholen in den Alten Simpl.

Wer im Alten Simpl in der Maxvorstadt Klavier spielt, kriegt eine Halbe aufs Haus

Die vielen bunten Bilder an den Wänden sind geblieben. Lediglich die nikotin-gelbe Wand über der dunklen Holzvertäfelung ist rosa geworden. An einer Wand hängen Werke von aktuellen Künstlern. Sogar ein Klavier steht wieder im Lokal. "Und zwar nicht nur als Deko", betont von Tongelen. Hier darf und soll gerne musiziert werden. Dafür gibt's dann auch mal eine Halbe für den Pianisten.

Montags gibt es im Wechsel einen Bingo- oder Pubquiz-Abend, der jeweils von einem Comedian moderiert wird. An zwei Tischen darf immer gekartelt werden. Einmal pro Woche wird es einen Spieleabend geben, bei dem an allen Tischen gespielt werden darf. Außerdem sind Konzerte, Lesungen und viele andere gesellige Abende geplant.

Sobald das Graupelwetter vorbei ist, wird auch der Schanigarten belebter.
Sobald das Graupelwetter vorbei ist, wird auch der Schanigarten belebter. © Daniel von Loeper

Das alles hört sich wunderbar an. Aber trotz aller Kultur steht und fällt ein Lokal mit der Küche. Die leitet Lasana Sumareh Touray. Er hat seine Ausbildung im Brenner gemacht und stand international schon in den unterschiedlichsten Lokalen am Herd. Die Gerichte im Simpl sollen die klassische bayerische mit der jungen, modernen Küche paaren. Werktags steht in der Mittagszeit der Simpl-Teller mit wechselnden Gerichten für 8,50 Euro auf der Karte, das kann mal ein gebräunter Leberkas mit Bratkartoffeln sein oder auch etwas Vegetarisches.

Vegetarier finden hier mehr als Kasspatzn und Knödel mit Soße

Überhaupt steht hier für Vegetarier mehr auf der Karte als ein paar Kasspatzn und Knödel mit Soße. Die AZ hat sich in Bierteig frittierte Blumenkohl BBQ Wings mit Bratkartoffeln (14,80 Euro) bestellt. Die Bratkartoffeln mit Zwiebeln und Petersilie waren knusprig herausgebraten und ordentlich gewürzt. Und der Blumenkohl kann es in Sachen Deftigkeit mit einem Schnitzel aufnehmen: Er hatte noch Biss, die Panade war kross. Zusammen der Barbecue-Soße ein runder Sattmacher ohne Fleisch.

Es muss nicht immer Fleisch sein. Die AZ hat jeden Bissen der knusprigen Blumenkohl BBQ Wings genossen.
Es muss nicht immer Fleisch sein. Die AZ hat jeden Bissen der knusprigen Blumenkohl BBQ Wings genossen. © Daniel von Loeper

Wer es etwas leichter bevorzugt, der bestellt sich einen Salat mit grünem Spargel und Feta (16,90 Euro) oder Reiberdatschi mit Rote Bete-Apfelsalat (11,70 Euro). Natürlich gibt es auch Klassiker wie Schweinsbraten (14,90 Euro), Schnitzel Wiener Art (16,90) und Curry Wurst (12,80 Euro).

Die AZ hat sich noch einen Nachtisch geteilt. Die Apfelkücherl mit Vanilleeis (7,80) sind nicht zu süß, warm, knusprig und schneller gegessen als einem lieb ist. Die Halbe Löwenbräu gibt's für 4,70 Euro, ein 0,2-Glas Wein ab 7,40 Euro.


Türkenstr. 57, Mo-So ab 11.30

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