Neues Restaurant: Altes Stück München soll hier wieder aufleben

Obermenzing — Münchner Geschichten werden ab sofort in Obermenzing erzählt. Und was für welche! Erst vor einer guten Woche hat Thomas Lerchenberger dort das Wirtshaus Schickeria eröffnet. Nicht nur der Name, sondern auch die vielen Bilder an den Wänden lassen es erahnen: Hier soll ein Stück altes München wieder aufleben.
Eines stellt Thomas Lerchenberger gleich am Anfang klar: "Ich bin kein Wirt. Ich bin ideenreich." Allein seine Lebensgeschichte ist mehr als abendfüllend. Er war Kürschner, Pelzverkäufer, Türsteher im Pimpernel und Schauspieler. Seine Frau Helga kennt das Nachtleben aus der Diskothek Maratonga. Dann kellnert hier noch die Susi vom einstigen Fischerstüberl, die Petra vom Charly M. und sogar die über 80-jährige Erna hilft aus, die lange als Toilettenfrau im P1 gearbeitet hat. Lerchenberger legt Wert darauf, dass die Bedienungen mit den Gästen ratschen, ihnen zuhören und ihre Geschichten erzählen.
Auch in der Küche hätte Lerchenberger gerne ein paar ältere Damen arbeiten lassen. "Denn wer kann besser kochen als unsere Omas?" Aber da hat ihm das Rentenamt einen Strich durch die Rechnung gemacht.
An der Wand: der Monaco Franze, der Kini und die Sisi
An Einfällen mangelt es dem umtriebigen Münchner Original wirklich nicht. Im letzten Jahr las Lerchenberger einen AZ-Bericht über den Trachtenladen Alpenglühn mit den Bildern vom Monaco Franze an der Wand. "Das fand ich super und wusste sofort: Solche Bilder brauche ich für mein Lokal".
Die beiden haben sich getroffen, "und die Chemie hat sofort gestimmt", erzählt der Künstler Köller. Wer mag, kann seine Bilder auch kaufen.

Aber es gibt noch viel mehr zu sehen in der Schickeria. Bilder vom Kini und der Sisi, von Lerchenbergs Mama, einen weiß-blauen Löwen von der CSU, und an den Decken bunte Laserstrahlen. Aus den Lautsprechern dudelt den ganzen Tag Musik der 70er, 80er und 90er Jahre.
Lerchenbergers nächster Coup: Er hat das komplette Mobiliar des ehemaligen Kultlokals Waschkuchl in der Luisenstraße aufgekauft. Hier feierten einst Promis wie Udo Jürgens zusammen mit ganz normalen Münchnern, Obdachlosen und Möchtegern-Gigolos. Im Nebenraum der Schickeria soll die Waschkuchl bald wieder aufleben – inklusive Öffnungszeiten bis fünf Uhr morgens. Ob das in Obermenzing auch funktionieren wird? "Mir wurscht", antwortet Lerchenberger. Er glaubt an seine Ideen. Ebenso wie die Brauerei Hofbräu, die ihn unterstützt.
Tanztee für die Omas und Opas
Es gibt sogar noch einen zweiten Nebenraum. Und hier kommt Kay Wörsching ins Spiel. Der hat das Mobiliar aus seinem legendären Kay's Bistro ebenfalls noch. Das eröffnet dann ebenfalls in der Schickeria wieder. Außerdem möchte Lerchenberger für die Omas und Opas Tanztees veranstalten, Karaoke-Abende einführen, und spielen darf hier sowieso jeder: Karten, Backgammon oder Schach, alles ist erlaubt.

Der Name Schickeria ist übrigens ganz und gar nicht Programm, was die Gäste angeht. Im Gegenteil. Lerchenberger betont: Bei mir gibt's keine Promis. Hier wird jeder gleich behandelt: Millionäre, Obdachlose, Rentner und Kinder. "Dazu gehören auch Preise, die bezahlbar sind", betont Lerchenberger. Von 9 bis 12 Uhr gibt's täglich ein Paar Weißwürste mit Brezn und Senf für 2,95 Euro, mittags verschiedene Gerichte für 9,90 Euro. Die AZ-Reporterin hat das Knödelgröstl probiert, und es hat ihr sehr gut geschmeckt.
In den Biergarten darf mein seine eigene Brotzeit mitbringen
Sogar ein Knastfrühstück steht auf der Karte: Ein Glas Wasser, eine Scheibe Brot und eine Zigarette kosten einen Euro. Ebenfalls eine Seltenheit für Stadtteilwirtschaften: Wer in den Biergarten geht, darf seine eigene Brotzeit mitbringen. Zwei Mal im Jahr gibt es ein Obdachlosen-Essen mit allem Drum und Dran.

Der Schauspieler Ernst Hannawald (u. a. "Zur Freiheit", "Derrick", "München 7") kennt Lerchenberger schon lange und findet es "sehr schliffig" in der Schickeria. Er mag das nette Personal, die bayerische Frotzelei: "Hier steht der Mensch im Vordergrund. Hier ist man, wie man ist, jeder ist gleich, keiner wird bevorzugt."
"Es war Liebe auf den ersten Blick"
Herbi Hauke wohnt in der Nachbarschaft. Er hat Lerchenberger gerade erst kennengelernt und gesteht: "Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich mag Leute, die sich engagieren." Schon fünf Mal war er seitdem in der Schickeria. "Endlich gibt's in Pasing-Obermenzing ein Lokal, in dem sich alle Generationen wohlfühlen", freut sich der Kulturschaffende.
Vor allem auf die geplanten Veranstaltungen von der Schlager- über die Rockparty bis hin zum Country-Barbecue freut er sich. Und viele andere auch. Schon jetzt ist die Schickeria gut besucht, obwohl es von der Innenstadt aus schon ein Stückerl hin ist. Aber der Mix aus guter alter Zeit und vielen frischen Ideen lohnt sich auf alle Fälle.
Verdistraße 125, montags bis sonntags: 9 bis 0 Uhr