Legendäre Gastro-Institution aus München ist vorerst Geschichte: Was jetzt aus Wienerwald wird

Aus Wienerwald wird Hendl Glück: Die AZ erklärt das Konzept des Lokals in der Anzinger Straße in München – was bleibt und was sich ändert.
von  Ruth Frömmer
Aus Wienerwald wurde Hendl Glück: Die Farbe ist geblieben, das Design kommt in den neuen Lokalen jünger daher.
Aus Wienerwald wurde Hendl Glück: Die Farbe ist geblieben, das Design kommt in den neuen Lokalen jünger daher. © Petra Schramek

München - "Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald": Mit diesem Slogan begann die Geschichte des Hendlbraters Wienerwald, der 1955 sein erstes Restaurant in der Amalienstraße eröffnete und bald weltweit expandierte.

In den 80er Jahren gab es einen regelrechten Skandal, als die Unternehmerin Renate Thyssen das Unternehmen erwarb. Schnee von gestern. Seit Jahrzehnten ist das Wienerwald-Image geprägt von raschen Expansionen, Insolvenzen und Verkäufen an diverse Investoren.

Wienerwald-Gastronomen verkaufen an Investor: Letzte Filiale bereits geschlossen

Die letzten Besitzer, das Münchner Gastronomenpaar Günter und Margot Steinberg (Hofbräukeller, Hofbräu-Festzelt auf der Wiesn) haben die Marke Wienerwald nun an einen neuen Investor verkauft, eine Unternehmensgruppe aus Hildesheim namens Family Brands, an der angeblich auch die Systemgastro-Kette Vapiano beteiligt sein soll.

Prost auf die neue Ära: Das Münchner Gastronomenpaar Margot und Günther (li.) Steinberg hat die Marke Wienerwald an einen neuen Investor verkauft. Die letzte Filiale betrieb Koch und Hotelbetriebswirt Thilo Kleehammer (re.). Er hat nun sein eigenes Unternehmen gegründet.
Prost auf die neue Ära: Das Münchner Gastronomenpaar Margot und Günther (li.) Steinberg hat die Marke Wienerwald an einen neuen Investor verkauft. Die letzte Filiale betrieb Koch und Hotelbetriebswirt Thilo Kleehammer (re.). Er hat nun sein eigenes Unternehmen gegründet. © Petra Schramek

Die letzte Münchner Wienerwald-Filiale in der Anzinger Straße hat vor zwei Wochen geschlossen. Franchise-Nehmer war der gelernte Koch und Hotelbetriebswirt Thilo Kleehammer. Als die Kündigung von Wienerwald hereinflatterte, waren er und die anderen Münchner Betreiber erst einmal vor den Kopf gestoßen. Aber weitermachen wollte man auf jeden Fall.

Das Nachfolgeunternehmen von Wienerwald heißt Hendl Glück

Das sei am Investor gescheitert, so Kleehammer. Und so hat er sich mit den anderen zusammengetan, umfirmiert und kurzerhand sein eigenes Unternehmen gegründet: Hendl Glück. Vier reine To-go-Filialen sind schon in Betrieb.

Kleehammer selbst führt die bislang einzigen zwei Restaurants in München. Eines in Laim – und das zweite hat am vergangenen Donnerstagabend in der Anzinger Straße eröffnet.

Samt Wirtsgarten: Am Donnerstagabend hat das Hendl Glück in der Anzinger Straße eröffnet.
Samt Wirtsgarten: Am Donnerstagabend hat das Hendl Glück in der Anzinger Straße eröffnet. © Petra Schramek

"Hendl Glück soll das beibehalten, was bei Wienerwald gut war", erzählt Kleehammer der AZ, "und was nicht so gut war, ändern wir nun." Zuletzt war es schlecht bestellt um das Image von Wienerwald.

Es gab zwar viele Stammgäste seit den 70er Jahren. Die kannten die Restaurants seit ihrer Kindheit. Aber viele sind inzwischen gestorben, und Neue sind nicht nachgekommen.

1978: Günter und Margot Steinberg bei einem "Western-Abend" in einem ihrer Wienerwald-Lokale.
1978: Günter und Margot Steinberg bei einem "Western-Abend" in einem ihrer Wienerwald-Lokale. © imago/Werek

Hendl-Glück-Betreiber: "Wienerwald hat verpasst, die junge Generation anzusprechen"

"Das Unternehmen hat einfach verpasst, die junge Generation anzusprechen", sagt Kleehammer. Das will er nun ändern. Die Hendl-Glück-Restaurants hat er umgebaut und neu eingerichtet.

Die Wienerwald-Lokale wirkten zuletzt etwas verstaubt. Die Farbe Grün ist geblieben, aber jetzt sieht alles frischer und jünger raus. Auch die Speisekarte wurde erweitert. Nun findet man dort auch Burger, Bowls und vegetarische Angebote. "Und jetzt müssen wir versuchen, den Namen Hendl Glück zu etablieren", sagt Kleehammer zur AZ. Wichtig ist ihm, die Wienerwald-Kernkompetenz zu bewahren: die Hendl.

Weitere Hendl-Glück-Filialen: "Interessenten sind schon da"

Diese bezieht Kleehammer immer noch von den gleichen Lieferanten. Sie kommen alle aus Bayern und bringen ihm zwei bis drei Mal wöchentlich frische Hendl, und zwar nicht aus Masthaltung, wie Kleehammer betont. Einige Kollegen bekommen ihr Geflügel aus Österreich, aber es soll so regional wie möglich bleiben, verspricht Kleehammer.

Auch die typische Wienerwald-Rezeptur für die Würzung hat Kleehammer übernommen. Nun muss er abwarten, wie die Geschäfte laufen. Der Plan ist, weitere Filialen zu eröffnen. "Interessenten sind schon da", erzählt der Hendl-Wirt, "und wir sind weiteren Anfragen nicht abgeneigt."

Jana Schrader präsentiert das neue Hendl: Die Rezeptur für die Würzung hat Kleehammer übernommen.
Jana Schrader präsentiert das neue Hendl: Die Rezeptur für die Würzung hat Kleehammer übernommen. © Petra Schramek

Neustart im Oberharz? Wienerwald versucht sich am Comeback

Das Thema Wienerwald ist damit in München vorerst Geschichte. Die letzten Franchise-Verträge in anderen Städten laufen spätestens Ende des Jahres aus. Zwar möchte der neue Investor die Marke Wienerwald weiterführen. Entstehen soll etwas völlig Neues im Oberharz, hört man aus Branchenkreisen. Aber was genau, das ist noch nicht bekannt.

Auf der Website sucht man schon Personal und verspricht ein "Wohlfühl-Klima" unter den Gästen. Wer weiß, vielleicht verhilft Hendl Glück dem klassischen halben Feierabend-Hendl in München bald ein Revival.

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