Krachert mit Kompass
"Sie hält uns nachts wach, ist laut, und ständig muss Nachschub an Essen und Trinken her“, sagt Susanne „Suza“ Schreiber. Sie und Christiane Hewelt nennen die Südstadt ihr Baby – ein adoptiertes und ein volljähriges, streng genommen, denn Gerd Pantner war es, der die Kneipe im Schlachthofviertel vor 18 Jahren zum Leben erweckte.
Eine alternative Kneipe war die Südstadt, mit einem Kickerraum und Sofakonzerten, Schinkennudeln und einer feinen Bierauswahl. Gerd Pantner hat sich zurückgezogen und organisiert weiter Sofa-Konzerte im Laden, die beiden neuen Wirtinnen haben rein äußerlich alles beim Alten gelassen.
Die blauen und roten Wände, tapeziert mit Auschnitten aus Musikmagazinen und Plattencovern, die Sofas, die zum Flätzen einladen. Kein Lampenschirm über dem Bartresen gleicht dem anderen, 80ger-Jahre-Milchglas-Karo neben leuchtendem Nudelsieb. Rein äußerlich.
„Es war gar nicht so leicht, so zu renovierten, dass niemand merkt, dass etwas anders ist“, sagt Suza. Frisch gestrichen ist alles und schön sauber, in der Küche gibt es getrennte Herdplatten und Geschirr für die veganen Speisen und die fleischlastigere Kost.
Suza hat, neben vielen anderen Stationen, zuletzt in der Frida in der Steinheilstraße gearbeitet, früher auch im vegetarischen Café Kopfeck, woher sie Koch Frank Haushofer mitgebracht hat. Neben einem Südstadten-Burger aus Rind mit Pommes und Salat (8,50) gibt es ein Sojagyros mit Kichererbsen-Tzatziki (9,50), und wer keine Currywurst (6,30) isst, wird vielleicht mit dem Seitanrostbraten mit Rotweinsauce und Spätzle (11,80) glücklich. Ein Herrengedeck aus Hellem und Obstler (5) gibt’s ebenso zu trinken wie einen Känguruh-Kommunisten-Kaffee (mit Schnapspralinen, 5 Euro).
Die Speisen und Getränke auf der Karte sind mit Liebe zum Detail kreiert, und so stellen die Wirtinnen auch ein anständiges Musik- und Kulturprogramm auf die Beine. DJ-Teams und Livekonzerte aus der Punkrock- bis Indiepop-Ecke, ein Rock’n’Roll-Flohmarkt für den guten Zweck oder ein Bangladesh-Dokufilm-Abend.
„Wir haben Spaß daran, alles auszuprobieren, und mehr als eine Total-Katastrophe kann es auch nicht werden“, sagt Suza. In Wirklichkeit hört sie sich natürlich jeden Künstler an, der einen Platz auf der Bühne haben will.
Die Südstadt ist heimelig-alternative Kneipe geblieben, aber die Wirtinnen haben sich auch neues Publikum erschlossen – „die, die sich bewusst ernähren, bewusst mit ihrer Umwelt umgehen“, sagt Suza.
„Ich liebe den Laden, wenn er richtig voll ist, und das 18-jährige Gör am Tresen mit dem Alt-Hippie ins Ratschen kommt.“ Wie sehr Suza Schreiber den Laden liebt und lebt, sieht jeder, wenn sie die Ärmel hochkrempelt: Auf ihren linken Unterarm ist ein Kompass gestochen – das Logo der Südstadt.
Thalkirchner Straße 29, Mo. bis Sa. ab 18 Uhr, suedstadt-muenchen.de, Tel.: 72 50 152
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