gAZtro-Kritik: Dallmayers Fischbar in München

In Dallmayrs neuer Fischbar in der Altstadt gibt es ab Mittags warme Küche. Wenn man einen Platz bekommt.
von  Lea Kramer

Altstadt - Der Duft von Diesel liegt in der Luft, ein Stromaggregat bollert, gegenüber kracht’s: Für die aufgewühlte Nachbarschaft kann der Gastgeber natürlich nix. Trotzdem ist’s grad schad, dass der Mittagspausenblick aus dem Fenster von Dallmayrs neuer "Bar & Grill" nicht auf den sonst grünen Marienhof, sondern auf das Stammstrecken-Loch fällt. Von einem Besuch im "Deli" an der Dienerstraße sollten sich Fischliebhaber aber nicht abhalten lassen. Was Marco Kaluscha, früher Küchenchef in "Geisels Vinothek", in silbernen Kraken-kübeln auf die Marmortische wuchten lässt, sieht nicht nur edel aus, das schmeckt auch elendig gut.

Gesetzt den Fall, der Speisewillige schafft es zum Mittagsläuten an einen der Bistro-Tische. Über Besuchermangel kann sich die Fischbar nicht beklagen. Wer seine Pause nicht beim Schlangestehen vertandeln will, der reserviert lieber gleich, gerne auch online. Dann bekommt er eines der zauberhaften Tischkärtchen im Art-déco-Design mit Goldrand, Wolfsbarsch und dem eigenen Namen drauf.

Vegetarier haben es eher schwer

Hat es der Hungrige auf eines der grünen Sofas geschafft, kann er von einer knapp gehaltenen Karte Klassiker (Bouillabaisse, 19,50 Euro), saisonal wechselnde Speisen oder den Fang des Tages (Austern, ab 2,50 Euro pro Stück) wählen. Vegetarier haben es zwischen all dem Meeresgetier schwer. Für sie stehen frittierte Kichererbsen als Hauptgericht auf der Karte (19,50 Euro).

Als Vorspeise hat sich die Testerin mit Hummerschwänzen belegte Flammkuchenkräcker ausgewählt, die hier "Tarte flambée – Hummer Thermidor" heißen (17 Euro). Wer glaubt, der große Haufen Käseabrieb auf jedem der Kekse würde dessen Geschmack verschleiern, irrt. Das Hummerfleisch ist fest und schmeckt nach Meer.

Die Begleitung entscheidet sich für Gemüsetempura (14,50 Euro) – Zucchiniblüten, Süßkartoffel, Spargel, Karotte und Shisoblatt im Teigmantel frittiert. Geradezu traumhaft ist aber der dazu gereichte Granatapfel-Dip. Glücklicherweise ist noch etwas vom Brot übrig, das die Kellnerin zu Beginn des Essens auf den Tisch gestellt hat. Am Ende sind Soßenschälchen und goldener Brotteller leer – und die Tester selig.

Auch am Nachbartisch sind die Gäste zufrieden

Weil bereits zwanzig Minuten verschlemmt wurden, fällt die Entscheidung gegen das Hauptgericht und zugunsten eines Nachtischs. Während die Buttermilch Creme (8,50 Euro) in Form des Dallmayr-Emblems mitsamt saftig-würzigem Kuchen ruckzuck im Mund verschwindet, wird am Nebentisch "US Flank Steak" (29,50 Euro) und Kablejau (22,50 Euro) aufgetragen, dazu gibt’s Kartoffelschaum (4 Euro) und junges Gemüse (7,50). Dem Vernehmen nach schmeckt’s - man bekommt so was ja mit, wenn alle kuschelig beinand sitzen.

Zum Abschied gibt’s, das ist schließlich eine Kaffeerösterei: Espresso (2,80 Euro). Damit ist die Mittagspause endgültig überzogen – aus einer halben Stunde wurde eine ganze. Kürzer abzuhandeln ist ein Dallmayr-Besuch sicherlich; sollte sich der Gast für eine Art "Flüssig-Rogen-Feinkostmenü" entscheiden: Schampus (0,1 Liter Brut Rosé für 14,50 Euro) und Kaviar (30 Gramm ab 110 Euro). Ob sich diese Zeitersparnis finanziell lohnt, muss jeder selbst entscheiden.


Dienerstraße 14-15, Mo. bis Fr. 8 bis 23 Uhr, Sa. 9.30 bis 24 Uhr, Mittagskarte tgl. ab 11.30 Uhr

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