Die lässige Haute Couture
Vielleicht liegt es an seinem charmanten Akzent, dass einem ausgerechnet diese beiden Franzosen einfallen. Aber man kann sich nicht helfen. Loic Cantegrel schaut einfach aus wie eine Mischung aus Louis de Funès und Jean Reno. So klein und quirlig wie de Funès und so streng und resolut wie Reno–zumindest, wenn es um schlechtes Essen geht.
Cantegrel ist eigentlich ein überaus freundlicher Zeitgenosse. Manche Leute aus dem Viertel nennen ihn wegen seiner schelmischen Art den „verrückten Franzosen”. Aber wenn die Sprache auf das Frittieren von Speisen und auf andere Techniken der zeitgenössischen Küche kommt, die ihm als Unart erscheinen, dann setzt Cantegrel einen grimmigen Blick auf, sagt „no, no” und fuchtelt dabei mit seinen Händen in der Luft herum, als gelte es, ein paar lästige Fliegen loszuwerden.
Cantegrel ist vor sieben Jahren nach München gekommen. Er hatte im Hôtel Costes in Paris seine Ausbildung gemacht und war beim Sternekoch Bernard Loiseau in die Schule gegangen. An der Rabl- Ecke Franziskanerstraße in Haidhausen hatte er damals sein erstes Lokal aufgemacht, das „Au Comptoir de Loic”. Doch nach sieben Jahren bekam er Lust auf etwas Neues.
An gleicher Stelle hat Cantegrel vor ein paar Tagen deshalb nun sein „L’Adresse37” aufgemacht, ein Lokal mit vereinfachtem Namen und neuem Konzept. Der 37-Jährige hat dafür extra das Wort „Bistronomie” erfunden – was sich so erklärt: Er will eine Gastronomie machen, in der es lockerer zugeht als in einem klassischen Restaurant, die aber eben doch mehr ist als nur ein einfaches Bistro.
Wenn Cantegrel über seine Küche spricht, verwendet er dabei gerne eine Metapher aus der Modewelt. „Ich mache hier keine Haute Couture”, sagt er, als er unter den nackten Glühlampen steht, die in seinem Lokal von der Decke baumeln, „ich mache Prêt-à-porter”.
An der Wand, auf die mit Kreide die Skyline von Paris gezeichnet ist, steht, was Cantegrel darunter versteht: Maronensuppe mit Morteau-Croûtons, roter Thunfisch mit Grünalgen, Perlhuhnbrust mit Mandelkrokant – das gibt es einzeln oder im Menü (drei Gänge 37 Euro, vier Gänge 47 Euro). Zumindest ein bisschen nach Haute Couture klingt das schon. Den steifen Schlips kann man aber getrost zu Hause lassen. So gehört sich das eben in einer richtigen Bistronomie.
Rablstraße 37, Di. bis So. 18-1 Uhr, www.ladresse37.de, Tel. 62 23 21 19