Das Herz des Neulands
Am Sendlinger Tor hat eine neue Bar eröffnet: Sie ist das Herz eines Kreativen-Netzwerks
Raum schaffen für Kunst und Kultur, das ist Uli Ganslosers und Michaela Schembaris Anliegen. Der neue Raum ist imVergleich zu den vorherigen Zwischennutzungen zwar winzig – dafür aber dauerhaft: die Bar „Corleone“ am Sendlinger-Tor- Platz. Ende der 90er betrieb das Paar Kunstgaragen am Hauptbahnhof, ihr letztes Projekt war das „Neuland“ in Laim. „Da hatten wir eine Oase geschaffen“, sagt Uli Gansloser.
Auf 4800 Quadratmetern arbeiteten Bildhauer und Goldschmiede neben Architekten und Heilpraktikern, werkelten Filmschaffende neben Grafikdesignern. Eine kleine Kneipe, die Ulis Vater führte, gehörte dazu wie die diversen Ausstellungen und Konzerte, Theateraufführungen und Lesungen. 2005 war Schluss, das Neuland musste einem Neubau Platz zu machen.
„Wir haben nach einem neuen Neuland gesucht – aber es hat sich nichts realisieren lassen“, sagt Gansloser. „Gleichzeitig kam die Idee auf, etwas Dauerhaftes zu schaffen, eine Art Entwicklungszentrale, eine Anlaufstelle für unser Netzwerk.“ Da stieß das Paar auf einen kleinen Laden direkt am Sendlinger Tor, gegenüber vom „Café Mozart“ in der Pettenkoferstraße.
Ein Vierteljahrhundert war hier ein nie renoviertes Feinkostgeschäft. Mitten in der Stadt. „Jetzt haben wir eben 40 Quadratmeter“, sagt Uli Gansloser. Komplett entkernt haben sie den Laden, so nackt wie möglich gelassen: Betonwände mit ein paar übriggebliebenen Fliesen, kleine Sitzgelegenheiten, eine Bar. „Die ersten Besucher meinten, da habt ihr aber noch viel zu tun“, sagt Gansloser, „dabei warenwir schon fertig.“ An den Wänden ist Platz für Video-Installationen und Kunstprojektionen, die niedrigen Tische sind schnell zur Bühne umfunktioniert – auch wenn auf der nur Platz für zwei Leute ist. Das DJ-Pult dient tagsüber als Bartisch.
Eine Anlaufstelle ist das Corleone nämlich schon morgens, zum Espresso serviert das Team Cornetti (1,90) und „alles, was man sonst so an einer italienischen Autobahnraststätte finden würde“, sagt Gansloser – Foccacia und Tramezzini, später sollen kleine Mittagsgerichte wie Suppen oder Eintöpfe dazukommen. Abends wird das Corleone zur Bar mit wechselndem Kulturprogramm: Singer- Songwriter treten auf, kleine Lesungen gibt es, DJs stehen an den Plattentellern.
Zur Eröffnung im April 2011 drängten sich neugierige Partygänger neben dem ehemaligen Neuland-Netzwerk und anderen Kreativen. Im Hinterhof ist Platz für Raucher, die Marienapotheke nebenan hat zwei ihrer Schaufenster für Ausstellungen zur Verfügung gestellt. Kunst funktioniert auch auf kleinem Raum, wenn man die Kreativität spielen lässt: Das Corleone ist das Herz des Neulands. Und vielleicht kommt ja doch noch etwas ganz Großes daher.
Sendlinger-Tor-Platz 7, Mo-Do 8.30 – 1 Uhr, Fr bis 3 Uhr, Sa/ So ab 18 Uhr, Tel.: 0178/788820, www.corleone.cc
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