Borschtsch, Bier und Subkultur

In der Maxvorstadt hat der „Salon Irkutsk“ aufgemacht: Hier gibt es ab jetzt Ausstellungen, Konzerte und viel zu Trinken
von  Laura Kaufmann
© Gregor Feindt

In der Maxvorstadt hat der „Salon Irkutsk“ aufgemacht: Hier gibt es ab jetzt Ausstellungen, Konzerte und viel zu Trinken

So also hat sich Wanja Belaga eine Bahnhofskneipe in Sibirien vorgestellt: Perserteppiche auf dem Boden und nackte Glühbirnen an der Decke, türkise Holzvertäfelung und eine knallrot gestrichene Bar. Das alles auf ein paar Quadratmetern – seinen „Salon Irkutsk“, Abendbistro für geselligen Trinksport, hat er in einer kleinen ehemaligen Boazn in der Isabellastraße aufgemacht.

Dem Stil einer Bahnhofskneipe nachempfunden, wurde der Name gewählt, weil Irkutsk eine Geschichte hat als Ort der Zuflucht und Verbannung für Oppositionelle und Kreative. Und weil das sowieso niemand aussprechen kann, hat Belaga das Kneipenschild gleich auf russisch geschrieben.

Er selbst stammt aus Moskau, für den Franko-Part der Kneipe ist sein Partner Philippe Geissler zuständig, ein halber Franzose. „Es ist schwierig, von der Kunst zu leben“, sagt Wanja Belaga. Er ist Konzertpianist und malt, hat an der Akademie der Künste studiert. „Deswegen wollte ich eine Kneipe, klar mit Getränken, aber auch als Kommunikations-Plattform für Kunst und Musik.“

Erfahrenung mit solchen Projekten hat er: In den 90ern organisierte er das Elektronik- Festival „Summer Of Love“ in Italien, er eröffnete in der Domagkstraße das „Festspielhaus“ und die Konzertclubs „Prager Frühling“ und „Monofaktur“. In der Subkultur- Szene ist er bestens vernetzt.

Montags gehört der „Salon Irkutsk“ den Pianisten, die auf dem Jugendstilklavier ihr Können vorführen dürfen, am Donnerstag gibt es ab und an Live- Musik – letzte Woche, der Eröffnungswoche vom „Irkutsk“, war das eine Jazzsängerin. Freitags ist „Kunstsalon“, mit Vernissagen und Lesungen, gerade hängen Bilder der irakischen Künstlerin Iman Mahmud.

Draußen vor der Kneipe sitzt Wanja Belaga auf einer Bank aus Bierkästen, ständig stecken Leute ihre Nase in den Salon oder studieren das ausgehängte Programm. Eigentlich öffnet der „Salon Irkutsk“ erst in einer halben Stunde. Junge Künstler kommen vorbei zum schauen, die Nachbarn sind neugierig auf das franko-slawophile Trinkvergnügen. Viele grüßen Belaga erfreut, immerhin hat er lang selbst ums Eck gewohnt.

„Habt ihr auch was zu Essen?“, erkundigt sich eine ältere Dame. Pelminis gibt es, gefüllte russische Teigtaschen, die Ravioli ähneln, und Borschtschnatürlich, die russische Rote-Beete-Suppe (4 Euro). „Im Moment macht die meine Mama“, gesteht Belaga. „Ihre ist noch viel besser als meine. Aber sie gibt mir bald einen Kochkurs, damit ich das genauso hinkriege.“ Sein Schulfreund Philippe feilt noch an am französischen Schokoladenkuchen. „Der schmeckt auch schon gut – aber seine Mama macht ihn noch besser.“

Jetzt muss die Nachbarschaft nur lieber auf Bier, Wein und Borschtsch vorbeikommen statt wegen Live-Musik zu quengeln – dann steht einer russisch-französischbayerischen Erfolgsgeschichte in der Isabellastraße nichts mehr im Weg.


Isabellastraße 4 / Ecke Neureutherstraße, täglich ab 17 Uhr, www.salonirkutsk.de

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