Blühende Fantasien im Garten der Ochsen

Seit 45 Jahren ist die Bar in der Müllerstraße der Fels in der Brandung der Leder-Liebhaber. Hier lebt jeder frei seinen Fetisch aus – und die Männer bleiben unter sich
Laura Kaufmann |
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Der Wirt mit Gästen am Tresen.
Katharina Alt 4 Der Wirt mit Gästen am Tresen.
Die Plakate an den Wänden sind teils so alt wie der Ochsengarten selbst.
Katharina Alt 4 Die Plakate an den Wänden sind teils so alt wie der Ochsengarten selbst.
Ungewöhnlich: Im Käfig sitzen statt an der Bar.
Katharina Alt 4 Ungewöhnlich: Im Käfig sitzen statt an der Bar.
Vor 45 Jahren hat Gusti Wirsing den Ochsengarten in eine Anlaufstelle für Leder-Liebhaber verwandelt - Fridolin Steinhauser führt die Tradition fort.
Katharina Alt 4 Vor 45 Jahren hat Gusti Wirsing den Ochsengarten in eine Anlaufstelle für Leder-Liebhaber verwandelt - Fridolin Steinhauser führt die Tradition fort.

Fridolin Steinhauser trägt kein Leder mehr. „Bei meiner Figur schaut des nimmer so aus.“ Seine Gäste aber werfen sich gern in Montur – im Ochsengarten leben Männer ihren Fetisch aus. Manche ziehen sich im Auto um, manche in der Kneipe, wer auf Gummi steht, schlüpft in seinen Latexanzug – „das wird bei den Jungen immer beliebter“, sagt Steinhauser.

Er gehört zum Laden wie das Inventar. Vor 35 Jahren hat er den Ochsengarten von Gusti Wirsing übernommen. Wie lange es den Ochsengarten da schon gab, weiß niemand hier so genau. Im ersten Telefonbuch der Stadt soll er erwähnt gewesen sein. Damals eine Wirtschaft mit Biergarten, Bauern nächtigten hier auf der Durchreise zum Schlachthof und stellten hier ihr Vieh unter, heißt es. Gusti Wirsing gab dem Ochsengarten seinen neuen Dreh.

„Die Lederleute haben sie für sich entdeckt, und die Amerikaner haben die Kneipe dann richtig groß gemacht“, sagt Fredl. Mittendrin: Die Gusti. „Ich hab’ mich immer gewundert, wie viel sie trinken kann – so klein und zierlich war die, die hat drei Tage von einem Schnitzel gelebt.“ Irgendwann fiel die Gusti vom Stuhl, warum genau, ist nicht überliefert, und brach sich die Hüfte.

Seitdem führt Fredl Steinhauser, gelernter Metzger, die Kneipe in ihrem Sinne weiter. Der Ochsengarten ist auf der ganzen Welt bekannt und läuft, „Es geht nicht darum, große Reichtümer anzuhäufen, man macht das für die Szene“, sagt der Wirt. Dreimal die Woche steht der 64-Jährige noch selbst hinter den Tresen und schenkt Bier aus, 0,4 Spaten zu 3,10 Euro.

„Wenn mal ein Mädel reinkommt, brauch’ ich nichts sagen, die Gäste sind schon boshaft genug“, sagt Steinhauser. Sie sind hier unter sich, stehen am Tresen, ratschen, trinken Bier. Ab und zu setzt sich auch jemand in den Raubtierkäfig und verbringt den Abend in devoter Hockhaltung, und dann gibt’s da noch die beiden Darkrooms. Einmal die ehemalige Damentoilette, „für sehr schlanke Menschen“, sagt Steinhauser, einmal den größeren, im Raum hinter der Bar. Über der Matte sind Schlaufen angebracht, die ein paar kräftige Männerbeine halten können, an der Wand lehnt eine Badewanne.

Die kommt bei feucht-fröhlichen Gelagen zum Einsatz. An anderen Montagen heißt es: Runter mit den Klamotten zur „Naked Party“. In all den Jahren hat sich nichts verändert in der Kneipe. Vergilbte Plakate an der Wand bewerben Kneipen auf der ganzen Welt, von denen es viele nicht mehr gibt, die Holzverkleidung wird Abend für Abend in schummerig-rötliches Licht getaucht. Und die Gäste leben ihre Fantasie. 


Müllerstraße 47, täglich 20 – 3Uhr, We. Open End, ochsengarten.de, Tel.: 266 446

 

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