Bayerisch, aber anders: Dieses neue Wirtshaus ist Münchens Gastro-Geheimtipp
München – Die Isar fließt quasi durch das neue Lokal von Victorio Schlecker. Der 34-Jährige ist Quereinsteiger in der Gastronomie. Er hat BWL studiert, im Marketing einer Pharma-Firma gearbeitet und seinen Traum vom eigenen Lokal jahrelang reifen lassen. Seine Vorstellungen waren klar, aber auch schwierig umzusetzen. Bayerisch sollte es sein und regional, aber ohne den aufgesetzt urigen Charakter, den so viele Wirtshäuser ausstrahlen.
Schlecker besitzt den Jagd- und den Angelschein. Er kommt vom Bodensee, hat in Vorarlberg studiert und ist gerne am Gardasee. Auch all das soll in sein Lokal "Hand aufs Herz“ einfließen – sowohl in die Küche als auch in den Gastraum. Und der sieht spektakulär aus. Eingerichtet hat ihn der Architekt Michael Faltenbacher. Der hat schon viele Lokale in München gestaltet und ein Faible für natürliche Materialien in Kombination mit Industrie-Design. Tische mit groben Holzplatten, moderne Holzstühle und schlichte Filzlampen geben Wärme und strahlen Ruhe aus.

Schließlich sollen sie nicht von der Wand ablenken, denn die ist das Highlight. Gestaltet hat sie die Künstlerin Theodora. Die ist studierte Freskenmalerin und malt auch in Kirchen. Schlecker ließ ihr vollkommen freie Hand. Er setzte nur das Thema: die Isar. Die entspringt in der rechten Ecke des Lokals in den Alpen. Dann fließt sie die ganze Wand entlang durch das Lokal die Berge hinab, vorbei an Berglandschaft inklusive Wild, und über die Isarfloßfahrer bis nach München.
Eine Bayernreise auf einer Wandfläche
Für die große Stadt steht der Fischbrunnen als zentraler Treffpunkt und die Maximilianskirche. Am Brunnen wird Bier getrunken, an der Isar spielen Kinder. Und weiter geht’s über Dingolfing bis zur Landshuter Hochzeit in der gegenüberliegenden Ecke des Lokals. Das Hand aufs Herz ist zwar keine Kirche, aber zwischen diesen bunten Wänden kann man sich wie in einem Gotteshaus verlieren. Das Ganze wirkt, als wären die Asam-Brüder auferstanden und hätten ihr künstlerisches Metier in die Gastro-Branche verlegt.

Vor lauter Staunen sollte man die Küche nicht vergessen. Auch die soll anders sein als die typischen bayerischen Wirtshäuser. Regionale Produkte, ja. Schweinsbraten, nein. Zur Eröffnung hat sich Koch Matthias Jauerneck eine kleine Speisekarte ausgedacht. Mit hausgemachten Aufstrichen (8,50 Euro), Brotzeit mit Käse und Wurst (16,50 Euro) oder feinen Kasspatzen mit Bergkäse (19,50 Euro).
Die Wildschweine im Essen hat Schleckers Vater eigenhändig geschossen
Das Highlight für die AZ ist der Jägertopf (29 Euro), ein würziges Wildragout mit hausgemachten Butterspätzle und konfierten Tomaten. Die Wildschweine im Ragout hat Schleckers Vater selbst geschossen. Zum Dessert durften wir das Bienenstich-Tiramisu (11 Euro) kosten und waren ebenfalls begeistert von der Kombi aus luftiger Cremigkeit und knusprig-süßem Mandelkrokant.
Auf der Karte stehen mehrere offene Rot- und Weißweine aus Deutschland, Österreich und Italien, verschiedene Spritz-Varianten (je 8,50 Euro) und natürlich Bier. Wer nur eine Halbe Hacker-Pschorr (4,90 Euro) trinken will, der setzt sich an die Bar. Rund 50 Menschen passen ins Lokal. Wenn der Schanigarten fertig ist, kommen draußen 60 Plätze dazu. Die Entscheidung wird schwer: Draußen scheint zwar die Sonne, aber drinnen die schönste Wirtshaus-Wand der Stadt.
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Hand aufs Herz
Dreimühlenstr. 25
Di-Fr: 17 bis 23 Uhr
Sa: 11 bis 23 Uhr