AZ in der Weihnachtsbäckerei: "Bei Zimtsternen nur Unterhitze!"
München - Am Joseph-Dollinger-Bogen, im Norden der Stadt, wo die Münchner Familie Eisenrieder eine kleinfabrik-ähnliche Konditorei hat, begrüßt mich Konditormeister Fred Cremer (59), ein gebürtiger Mönchengladbacher. Der rheinländische Singsang ist deutlich zu hören. Cremer bringt mir heute bei, wie Zimtsterne gelingen.
Wir plaudern erst. Wie ein Mönchengladbacher Konditormeister in München landet, frage ich ihn. Die Antwort wirkt wie ein Märchen aus dem weihnachtlichen Morgenland. "Über Syrien, Damaskus", sagt Cremer knapp, "lange Geschichte."
Schon die Qualität der Nüsse ist immens wichtig
Heute, etwa 40 Jahre später, an einem November-Mittwoch, geht es ja um das Geheimnis dieser beliebten Zimtsterne. Und ich muss sagen, ein wenig nervös bin ich schon. Allzu oft schmeiße ich den Backofen nicht an. Und für Plätzchen habe ich das Gerät noch nie eingeschaltet. Als ich sehe, wie jeder Handgriff bei Cremer locker-leicht sitzt, werde ich nervöser.
Eines lässt sich bereits sagen: Schon lange, bevor gute Zimtsterne im Ofen landen, kann man viel falsch machen: bei den Nüssen etwa. "Sparen sie da auf gar keinen Fall", sagt Cremer, "zu günstige Nüsse sind oft schlecht geschält. Und wenn Sie dann in den Zimtstern beißen, haben Sie die Schalensplitter zwischen den Zähnen." Das verderbe doch den ganzen Spaß.
Gleich der zweite Tipp hinterher: Cremer schwört auf die Mischung der Mahlgrade. "Ich mische immer fein gemahlene Nüsse mit grob gemahlenen", sagt Cremer, "das gibt den Zimtsternen am Ende eine ganz eigene, tolle Bissfestigkeit." Nur grob gemahlene oder nur fein gemahlene, das empfehle er nicht.
In Konditoreien denkt man in größeren Maßstäben
Jetzt geht es los. Auf dem Tisch stehen die Schüsseln. Insgesamt genau abgewogen: mehr als sechs Kilogramm Zutaten. "Das reicht für bis zu 600 Zimtsterne", sagt Cremer. Okay. In Konditoreien denkt man natürlich in größeren Maßstäben.
Auch die neueste Auszubildende Elmedina Krasniqi (16) ist dabei. Sie soll heute dazulernen, kann aber schon vieles, deutlich mehr als ich natürlich. Zitrone, Nelke, Zimt, Orangeat, Zitronat, Mandeln, Haselnüsse, Eiweiß, Marzipan: Wir packen jeweils zwei Schüsseln und gehen zum Rühren, zur "Anschlagmaschine". Sie hat einen riesigen Schneebesen in der Mitte, etwa so lang wie ein Holzfäller-Unterarm.

Keine drei Minuten dauert es, bis das Gerät die Teigmasse zusammengeknetet hat. Und wer daheim keine Maschine hat? "Na mit den Händen kneten", sagt Cremer. 15 Minuten. Ist ja gar nicht so schlimm, denke ich mir.
Je länger der Teig ruht, desto besser dringen die Aromen durch
Als die Masse fertig ist, lässt sie Cremer aber liegen. Denn: "Der Teig muss jetzt eine Stunde ruhen", sagt er. Cremer hat es lieber, dass er 24 Stunden ruht. Ein weiterer Tipp also. "Erst nach einem Tag haben die ganzen Aromen die Masse durchdrungen", sagt Cremer. Da sei der Geschmack viel intensiver.
Aber mindestens eine Stunde warten wir jetzt natürlich nicht. Cremer hat am Vortag bereits eine Masse angerührt. Ausrollen heißt es jetzt. Cremers Vorgabe: "Genau zehn Millimeter hoch. Zu viel ist zu dick, viel weniger zu dünn."
So ganz gelingt mir das Ausrollen nicht. Immer wieder klebt die Masse fest. Cremer greift sie von unten hoch, streut die vorbereitete Nussmischung auf den Tisch und lässt mich erneut ausrollen. Funktioniert super, klebt nicht mehr.

Zeit für die Eiweißglasur. Azubi Elmedina Krasniqi hat sie vorgemischt: Eiweiß, Puderzucker und Zitronensaft. "Die Zitronensäure ist ganz wichtig", sagt Cremer, "sie sorgt dafür, dass die Glasur auch nach dem Backofen weiß bleibt."
Die Glasur auf der Stechmasse zu verteilen, ist eine Herausforderung. Ich versuche es. Fühlt sich an wie spachteln. Der Meister ist unzufrieden. "Das Auge isst mit", sagt Cremer. Er sieht unschöne Kanten. Ganz glatt müsse das sein. Er lässt Krasniqi machen. Sie bügelt meine Kanten aus.

Meistertipp: Zimtsterne nur bei Unterhitze backen
Das Ausstechen funktioniert schon besser. Manchmal hängen die Sterne in der Form fest. "Es gibt auch Formen, die sich an der Seite aufklappen lassen", sagt Cremer. Damit sei es einfacher - gerade dann, wenn Zimtsterne größer sein sollen.

Das Ausstechen ist geschafft. Ich greife nach einem der Zimtsterne, beiße hinein und denke mir: Schmeckt schon ziemlich gut. Aber sie müssen noch in den Backofen, damit die Glasur knackig wird. Da kommt der letzte Meistertipp für heute: "Nur Unterhitze, 120 Grad, 15 bis 18 Minuten", sagt Cremer. Sonst fühle sich das am Ende an, als ob man auf Stein beiße.
Rezept vom Meisterkonditor: Cremers saftige Zimtsterne
Fred Cremers Empfehlung für etwa 60 Zimtsterne.
Zutaten:
- 196 Gramm Marzipan
- 40 Gramm gemahlene und geröstete Haselnüsse
- 252 Gramm Puderzucker
- 70 Gramm Orangeat fein (3 Mal 3 Millimeter)
- 70 Gramm Sukkade fein (3 Mal 3 Millimeter)
- 56 Gramm Eiweiß
- 6 Gramm gemahlener Zimt
- ein paar gemahlene Nelken, Menge variabel
- 1 Gramm gezuckerte Zitronenschale
- 1 Gramm Invertin (auch bekannt als Sacharase)
Zubereitung:
Alle Zutaten in eine Schüssel geben, zusammenmischen, etwa 10 bis 15 Minuten per Hand kneten oder mit einer Knetmaschine wenige Minuten (etwa 4) kneten lassen, bis eine zusammenhängende Masse entsteht. Nun den Teig kühl stellen, mindestens eine Stunde, am besten einen ganzen Tag. Danach ausrollen. Teighöhe: 6 bis 10 Millimeter.
Für die Eiweißglasur:
- 67 Gramm Eiweiß
- 3 Gramm Zitronensaft
- 338 Gramm Puderzucker
Puderzucker mit Eiweiß glatt rühren, dann den Zitronensaft dazugeben. Die entstandene Eiweißglasur auftragen. Und zwar so dünn, dass der Teig gerade nicht mehr durchschimmert. Jetzt mit dem Sternausstecher die Zimtsterne ausstechen. Restteig zusammenklappen (auch mit Glasur), Nussmischung dazustreuen, noch mal kneten, ausrollen - und noch ein paar Zimtsterne ausstechen.
Wichtig: 15 bis 18 Minuten NUR bei Unterhitze backen. Abkühlen lassen, fertig.
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