"Es ist schade um wackere Erneuerer"

Endlich gibt die CDU den Widerstand gegen die Homo-Ehe auf. Die CSU sträubt sich noch, aber auch dort gibt es Erneuerer. Diese sollten gehört werden. Ein Kommentar vom Münchner Wirt und Schwulen-Aktivisten Dietmar Holzapfel
München Als ich Samstagfrüh aufstand, haute mich die erste Meldung des Tages fast um: „Union gibt Widerstand gegen Homo-Ehe auf!“ Ungläubig schaltete ich Radio, Internet und Teletext an, wo die Meldung gleich an erster Stelle zu finden war. Es herrschte Freude, das Gefühl, ein langer Kampf komme endlich zu einem glücklichen Ende.
Zwar hatten ja schon im Herbst letzten Jahres einige CDU-Abgeordnete, die „Wilde 13“, und dann der CDU-Parteitag angedeutet, dass eine starre Haltung gegen gleiche Rechte für homosexuelle Paare auch in der CDU nicht mehr möglich ist. Dass man jetzt aber dann doch relativ schnell von der Parteispitze her einlenkt – das überraschte uns schon.
Denn letztendlich war es doch schon die Weichenstellung des Bundesverfassungsgerichts 2001, als klar gestellt wurde: Der Staat soll laut Grundgesetz Ehe und Familie besonders schützen (wobei nirgends steht, dass Ehe nur verschiedengeschlechtlich möglich ist). Das Gericht stellte damals aber auch klar, dass der Staat vergleichbare Institutionen besonders schützen kann, also auch die Beziehung zweier Frauen oder Männer, die füreinander einstehen und sorgen wollen.
Das nimmt der traditionellen Ehe ja nichts weg. Schon damals war die CSU wieder mal die letzte politische Kraft, die sich gegen diese eindeutige, vernünftige Logik sträubte. Edmund Stoiber, der die Homo-Ehe ja gerade noch als „Teufelsanbetung“ bezeichnet hatte, holte sich damals eine blutige Nase.
Es dauerte auch diesmal nicht lange, bis ein gewisser Herr Mayer aus dem Bundestag verlauten ließ: Die CSU macht da nicht mit. Der besondere Schutz von Ehe und Familie dürfe nicht weiter ausgehöhlt werden. Schon zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Adoption hatte der Rechtsaußen der CSU, Norbert Geis, sein Mantra gebetet, Kinder bräuchten Vater und Mutter und nicht gleichgeschlechtliche Eltern.
Ob auch Seehofers Kind in Berlin einen Vater braucht, sei mal dahingestellt, sicherlich kümmert er sich liebevoll um seinen Nachwuchs. Am Samstagabend jedoch lehnte auch er den Vorstoß der CDU in Richtung Gleichstellung ab, schloss aber nicht aus, sich später anders zu entscheiden, wenn der gesellschaftliche Wandel dies erfordere. Man fragt sich: Warum muss die CSU immer hinterherhinken? Geht es nur um die erzkatholischen Wähler, die sich trotz Missbrauchsaffäre und Vatileaks noch nicht in dem Glauben haben erschüttern lassen, der in ihren Augen eine Ablehnung von Homosexualität beinhaltet?
Diese Wähler hat Seehofer doch sowieso, wen sollten sie sonst wählen? Was aber soll ein moderner CSU-OB-Kandidat jetzt machen, der sich nun im Wahlkampf weiterhin sagen lassen muss: Du bist ja okay, aber Deine Partei ist ja ganz anderer Meinung!? Wäre es nicht an der Zeit, Herrn Seehofer wie vormals auch Herrn Stoiber aufs verdiente Altenteil zu schicken, wo er sich mehr um Ehe und Familie kümmern kann und stattdessen jemanden an die Parteiführung zu lassen, der die Partei aus der konservativen Falle herausholt? Jemanden, der der Partei ein glaubhaftes modernes Antlitz verleiht?
Dass auch die CSU in punkto Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften nachziehen wird, steht außer Frage. Das werden schlimmstenfalls erst wie 2001 die Gerichte erzwingen. Schade ist es nur um wackere Erneuerer der Partei, wie Sepp Schmid, die heute und nicht erst morgen in den Wahlkampf ziehen müssen.
Dietmar Holzapfel ist Wirt der "Deutschen Eiche" im Glockenbachviertel und Münchner Schwulen-Aktivist.