Erwin Dilg trozt dem Schicksal und bleibt positiv

Erwin Dilg (68) hat sieben Herzinfarkte überlebt – jetzt braucht er Unterstützung. Viele Schickssalsschläge musste er verkraften. Nach dem Tod seiner Mutter hat er es nun doppelt schwer.
von  Abendzeitung
Erwin Dilg krault seine rot-weiße Katze Diana. Er hat sie geschenkt bekommen, damit er nicht so allein ist.
Erwin Dilg krault seine rot-weiße Katze Diana. Er hat sie geschenkt bekommen, damit er nicht so allein ist. © Vermittlung historischer Immobilien oHG

MÜNCHEN - Erwin Dilg (68) hat sieben Herzinfarkte überlebt – jetzt braucht er Unterstützung. Viele Schickssalsschläge musste er verkraften. Nach dem Tod seiner Mutter hat er es nun doppelt schwer.

Als sein Herz zum ersten Mal kollabiert, steht Erwin Dilg mit seinem Lkw auf einem Rastplatz in Österreich. Er spürt ein Stechen in der Brust, Daumen und Handballen werden taub. Trotzdem tuckert der Fernfahrer zurück nach Ampfing, wo er den Brummi abgeben muss. Erst dann lässt sich Erwin Dilg von seiner Mutter ins Krankenhaus fahren. Die Diagnose: ein Infarkt.

An einem trüben Novembernachmittag sitzt Erwin Dilg zuhause im oberbayerischen Haag auf dem Sofa und krault seine Katze. Die Couch hat er bei ebay ersteigert. Das Tier war ein Geschenk gegen die Einsamkeit. Mittlerweile ist er 68 Jahre alt und hat sieben Herzinfarkte überlebt. „Ich bin halt a Stehaufmanderl.“ Der Rentner lacht, doch sein Schicksal ist tragisch.

Denn auch Erwin Dilg hat gearbeitet, seitdem er die Schule verließ – als Schlosser, im Milchhof, in einer Senffabrik, als Brummifahrer. „Ich hab’ mich immer irgendwie durchgeschlagen.“ Nach den ersten Infarkten, nach den beiden Bandscheiben-OPs, als er am Grauen Star erkrankte, als bei ihm Diabetes festgestellt wurde, als sein rechtes Ohr den Dienst einstellte. Trotzdem bekommt Erwin Dilg heute nur 769 Euro Rente. „Nach Abzug aller Fixkosten“, sagt er, „bleiben mir im Monat vielleicht 50 Euro zum Essen“.

Gerade ist der alte Honda Accord kaputt gegangen, den der kranke Mann dringend für seine Arztbesuche braucht. Bremsscheiben und -beläge waren abgenutzt, für den TÜV war allerhand Kleinkram notwendig. 1700 Euro hat die Reparatur gekostet. Zu viel für Erwin Dilg. Er hat sich vorgenommen, den Betrag in Mini- Raten abzustottern. Doch selbst das schafft er derzeit nicht. Weil er Holz kaufen musste, für den Winter. „Da brauch’ ich eigentlich noch zwei Ster mehr – aber das sind schon wieder 175 Euro. Im Moment druckt’s einfach überall.“ Nachdenklich streicht Erwin Dilg seiner Katze übers rot-weiße Fell.

Früher, als seine Mutter Maria noch lebte, ging es dem gebürtigen Münchner viel besser. Die beiden wohnten zusammen. Er hatte sein Fernfahrer- Einkommen, sie ihre Rente. „Und wenn ich am Wochenende heimgekommen bin, haben wir zusammen etwas Schönes unternommen.“ Es sei denn, Erwin Dilg ergatterte irgendwo Karten für den FC Bayern. Dann hatte der Fußball Vorrang. „Und die Mama hat daheim mit dem Essen gewartet“, erzählt er.

Manchmal kletterte Maria auch zu ihrem Sohn ins Führerhaus und begleitete ihn nach Italien oder Spanien. Doch dann starb die alte Dame an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ein harter Schlag für Erwin Dilg. „Sie geht mir ab“, sagt er und seine Augen füllen sich mit Tränen. „Sie war in Ordnung – als Mutter, beste Freundin, Kameradin. Mit der hätt’ ma Pferde stehlen können.“

Seit ihrem Tod ist der alte Mann ganz allein. Er hat eine Tochter aus einer längst vergangenen Beziehung und drei Enkelkinder, doch der Kontakt zu ihnen ist abgerissen. 2009 hat er sich trotzdem einen Christbaum ins Wohnzimmer geholt. Heuer kann er sich das nicht leisten. „Aber das macht nichts. Für wen sollte ich den auch aufstellen? Ich bin doch sowieso allein.“ Das Stehaufmanderl lächelt tapfer.

nk

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