Erster Toter in Bayern: So gefährlich sind Masern

Ein 26-jähriger Mann ist im Klinikum Großhadern an Masern gestorben: Ärzte sprechen von einem Skandal und rufen zur Impfung auf. Worauf Sie jetzt achten müssen.
von  Tina Angerer
Viren lösen Masern aus – ein kleiner Huster kann sie übertragen. Zwei Impfungen schützen lebenslang vor Ansteckung.
Viren lösen Masern aus – ein kleiner Huster kann sie übertragen. Zwei Impfungen schützen lebenslang vor Ansteckung.

Ein 26-jähriger Mann ist im Klinikum Großhadern an Masern gestorben: Ärzte sprechen von einem Skandal und rufen zur Impfung auf. Worauf Sie jetzt achten müssen.

Wie sehr nehmen die Masern jetzt zu? 2010 gab es in Bayern 219 Fälle, heuer sind es allein in München bereits über 100 Fälle – das ist ein Rekordhoch. Auch in zwei Kliniken sind Masern aufgetreten. So hat der Mann, der im März im Klinikum Großhadern an Masern starb (AZ berichtete) andere angesteckt – darunter einen Arzt und eine Schwester. „Es ist ein Skandal, dass in einer deutschen Klinik Personal nicht gegen Masern geimpft ist“, sagt Bernd Simon vom Kinderärzte-Netzwerk „Pädnetz“. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte fordert eine Impfpflicht für medizinisches Personal.

Das sollten Sie sonst noch über Masern wissen:


Wie verlaufen Masern normalerweise? Es beginnt mit Husten, Bindehautentzündung, Schnupfen und Fieber. Erst nach drei bis sieben Tagen kommt kleinfleckiger Ausschlag, der später ineinander fließt. „Das Fieber ist oft sehr hoch, auch bei normalem Verlauf sind die Kinder richtig krank“, sagt Bernd Simon. Außerdem kann es zu lebensgefährlichen Komplikationen kommen.


Welche Komplikationen sind das? Lungenentzündung und Gehirnentzündung – und das ist lebensgefährlich. Rund einer von Tausend Erkrankten stirbt. „Das Problem ist, dass die Medizin bei Komplikationen nichts tun kann“, erklärt Brigitta Thrun, Fachärztin für Allgemeinmedizin in München. Da es sich um Viren und nicht um Bakterien handelt. helfen Antibiotika nicht. Eine Gehirnentzündung kann schwere Hirnschäden hinterlassen. Eine Folgeerkrankung kann außerdem die SSPE sein, eine chronische Gehirnentzündung. Sie tritt Monate oder Jahre nach den Masern auf und endet tödlich. Die SSPE trifft vor allem Kinder, die unter zwei Jahre alt waren, als sie die Masern hatten.


Sind Erwachsene besonders gefährdet? „Bei Erwachsenen ist der Verlauf oft schwerer als bei Kindern“, sagt Simon. Ein Problem, das es vor 1970 nicht gab – damals hatten die allermeisten, rund 90 Prozent der Bevölkerung, die Masern als Kind bereits. Deswegen betonen die Ärzte auch immer wieder: Masern ist keine „Kinderkrankheit“, sie ist nur so ansteckend, dass sie früher bereits jedes Kind hatte.


Kann man die Masern zweimal bekommen? Nein, wer die Krankheit hatte, ist immun.


Wie werden die Masern verbreitet? Durch Tröpfcheninfektion, also auch durch Husten. „Auch, wer keinen engen Kontakt zu Kindern hat, sondern einfach öffentliche Verkehrsmittel benutzt, kann sich anstecken“, sagt Ärztin Thrun. Zwischen Ansteckung und Ausbruch liegen sieben bis 18 Tage. Schon fünf Tage, bevor der Ausschlag auftritt, kann man andere anstecken.


Was mache ich als Erwachsener, wenn ich nicht weiß, ob ich als Kind geimpft wurde? „Ich würde dann zur Impfung raten“, sagt Simon. War man geimpft oder hatte die Krankheit, ist eine Impfung kein Risiko. Ab 1970 wurde einmal geimpft, seit den 80ern rät man zur zweimaligen Impfung. Deswegen empfiehlt das Gesundheitsministerium Jahrgängen ab 1970, die Impfung zu komplettieren. Jeder Hausarzt, aber auch die Gesundheitsämter beraten und impfen.


Wieso gibt es Impflücken? Masern sind durch Impfungen stark zurückgegangen. „Doch dadurch denken die Leute, Masern sind eh selten und verzichten mehr und mehr“, sagt Experte Simon. Außerdem empfehlen nicht alle Kinderärzte die Impfung.


Was sagen Impfgegner? Sie verweisen auf die Belastung für Kinder und die Gefahr von Impfschäden. Eine Nebenwirkung kann eine Hirnhautentzündung sein. Impfbefürworter sprechen von einer Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million, Impfgegner von wesentlich höherer. In der AZ wollte kein Impfgegner mit Namen zitiert werden.


Ab wann wird geimpft? Zurzeit wird eine Impfung ab einem Jahr empfohlen. Sie passiert meist in Kombination mit Röteln, Mumps und Windpocken. Bei 10 Prozent der Kinder tritt danach Fieber auf. Kinder unter einem Jahr sind also ungeschützt. „Auch das spricht für eine Impfung, denn ältere Kinder können die ganz Kleinen anstecken“, sagt Simon.


Wer zahlt? Bei Kindern und Jugendlichen zahlt die Kasse. Da es sich um eine Epidemie handelt, zahlen die meisten Kassen auch bei Erwachsenen – zur Sicherheit nachfragen. Tina Angerer

 

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