Erste Klinik schlägt Alarm: München hat zu wenige Pfleger

Der Personalmangel in den Kliniken wird immer bedrohlicher, Patienten müssen schon weggeschickt werden. Jetzt schlagen die Verantwortlichen Alarm.
Annika Schall |
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Türe zu: Die Haunersche Kinderklinik hat zu wenige Pfleger, um sich um Notfälle zu kümmern.
Oliver Berg/dpa/ho/AZ Türe zu: Die Haunersche Kinderklinik hat zu wenige Pfleger, um sich um Notfälle zu kümmern.

München - Krankenwagen mit kranken oder verletzten Kindern sieht man vor der Haunerschen Kinderklinik an der Lindwurmstraße derzeit keine. Die Notaufnahme des Klinikums hat sich abgemeldet. Für die Sanitäter das Signal, ihre kleinen Patienten anderswo versorgen zu lassen. Der Grund für die Abmeldung: Im Haunerschen Kinderklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) gibt es nicht mehr genügend Krankenpfleger.

Kein ganz neues Problem, in der Vergangenheit kam es schon vor, dass die Krebsstation Patienten an andere Häuser weiterverweisen musste. "Wir haben weniger Aufnahmekapazitäten, weil wir zu wenig Pflegekräfte haben. In allen Bereichen", sagte Anett Sander, Pflegeleitung in der Haunerschen, dem "Bayerischen Rundfunk". 215 Stellen fehlen derzeit bei der LMU vor allem in der Kinder- und Intensivmedizin. Auch die städtischen Klinken kennen das Problem. Hier fehlen derzeit 80 Krankenpfleger.

Verdi: In München fehlen rund 1.000 Pfleger

Insgesamt rund 1.000 Krankenpfleger fehlen laut Schätzung der Gewerkschaft Verdi im Großraum München. "Und das ist konservativ geschätzt", sagt Christian Reischl Gewerkschaftssekretär für den Bereich Gesundheit der AZ. "Das betrifft alle Häuser in München – wir sind an einem Punkt, an dem es patientengefährdend wird."

Dabei gäbe es laut Gewerkschaft eigentlich genug Krankenpfleger, "doch die Arbeitsbedingungen treiben viele Leute aus der Branche", so Reichl. Acht Jahre, hat Verdi errechnet, halten Pfleger im Schnitt in ihrem Beruf durch. Selbst wenn man Frauen herausrechnet, die wegen Schwangerschaft ausscheiden, eine erschreckende Zahl.

Schwierige Arbeitsbedingungen für Pfleger

Besonders häufig geben die Pflegekräfte laut Reischl wegen schwieriger Arbeitsbedingungen auf. Ein Problem, das durch den Mangel noch mehr verschärft wurde: Unplanbare Schichtdienste, zu viel Druck und zu wenig Zeit für den einzelnen Patienten, bringen die Helfer schnell an ihre Grenzen. Ein Teufelskreis, aus dem Kliniken und Gewerkschaft auf unterschiedliche Weise versuchen auszubrechen.

Die LMU hat sich ein zwölf Punkte Programm auferlegt. Dazu gehören Weiterbildungsmaßnahmen als Anreize genauso wie flexible Arbeitszeiten.

Bei den städtischen Kliniken setzt man auf Ausbildung: Rund 500 Azubis sind derzeit an den vier Standorten beschäftigt. Außerdem hat man kürzlich die hauseigene Kopfprämie deutlich erhöht: Wirbt ein Mitarbeiter einen neuen Krankenpfleger, bekommen beide nun 4.000 statt wie bisher nur 1.000 Euro Prämie.

Dazu locken beide Klinikbetreiber Mitarbeiter mit günstigen Wohnungen. Denn Tatsache ist: Auch das Thema Geld spielt beim Pflegermangel eine große Rolle. Eine teure Stadt wie München können sich viele von Tarif-Einstiegsgehältern um die 2.500 Euro nicht leisten. Deshalb fordert auch Verdi eine "tarifpolitische Aufwertung".

Auch müsse es einen gesetzlich vorgeschriebenen Personalschlüssel für Pflegepersonal in Krankenhäusern geben – und zwar einen, der die Situation wirklich verbessert. Immerhin verabschiedete die Bundesregierung im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf, der Krankenkassen und die Träger der Krankenhäuser aufforderte, für spezielle Bereiche Personal-Untergrenzen festzulegen. Dass das allerdings ans Ziel führt, bezweifelt die Gewerkschaft. "Wir erwarten keinen substanziellen Vorschlag", so Reischl. (Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Thema: Pflegenotstand - Geld allein reicht nicht)

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