Ermittler ließen Kinderschänder laufen

Gegen Oliver Shanti lag schon 1998 eine Anzeige vor, doch der Staatsanwaltschaft klagte ihn aber nicht an. Der Beschuldigte habe sich zum Tatvorwurf nicht geäußert und „die von den Geschädigten geschilderten Taten lassen nicht zwingend den Schluss darauf zu, dass der Beschuldigte Gewalt anwendete“.
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Als Produzent von Esoterik-Musik verdiente Oliver Shanti Millionen. Als die Polizei Haftbefehl erließ, wandte sich die Branche ab.
Thomas Gaulke Als Produzent von Esoterik-Musik verdiente Oliver Shanti Millionen. Als die Polizei Haftbefehl erließ, wandte sich die Branche ab.

MÜNCHEN - Gegen Oliver Shanti lag schon 1998 eine Anzeige vor, doch der Staatsanwaltschaft klagte ihn aber nicht an. Der Beschuldigte habe sich zum Tatvorwurf nicht geäußert und „die von den Geschädigten geschilderten Taten lassen nicht zwingend den Schluss darauf zu, dass der Beschuldigte Gewalt anwendete“.

Wenn man kooperativer gewesen wäre, hätte man ihn möglicherweise früher gekriegt“, hatte Peter van den Berg, Chef der Münchner Zielfahnder, kurz nach der Verhaftung des Kinderschänders Oliver Shanti (59) über die Zusammenarbeit mit der portugiesischen Polizei gesagt.

Nun berichtet der „Stern“, dass bei der Staatsanwaltschaft München gegen Shanti bereits 1998 eine entsprechende Anzeige vorlag – und die Ermittlungen ergebnislos eingestellt wurden. Eine Bamberger Anwaltskanzlei hatte damals die Mutter zweier Söhne vertreten, die Ulrich Schulz (so sein wirklicher Name) sowohl in seiner Münchner Wohnung als auch auf seinem Landgut in Portugal immer wieder missbraucht haben soll. Die Buben waren 13 und 16 Jahre alt, als sie 1990 zum ersten Mal bei Schulz übernachteten. Sie hätten zu dritt auf einer Matratze geschlafen. „Oliver lag in der Mitte“, hatte der Ältere ausgesagt. „Nach kurzer Zeit hat Oliver mich an den Penis und an den Hintern gefasst. Sein Gestöhne und Geschnaufe hat mich abgestoßen, ich dachte, er stirbt gleich“, so der Jugendliche.

„Böse Worte“

Sein Bruder habe sich gegen die Annäherungsversuche gewehrt und habe dafür „böse Worte“ zu hören bekommen. Wenige später in den Sommerferien seien die beiden auf Shantis Finca bei Vila Nova de Cerveira „sozusagen jede Nacht, oder morgens“ von dem selbst ernannten Esoterik- Guru missbraucht worden. Außerdem berichteten die Brüder, dass „Kinder aus dem Dorf kamen, die mitmachen mussten“. Als einer der Jugendlichen nach Hause fahren wollte, flippte Shanti aus. „Ich wollte meine Sachen packen, da hat er mich geschlagen. Ich hatte totale Angst“, wird das Opfer in der Anzeige zitiert.

Trotzdem stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Schulz im Juli 1999 ein. Die fragwürdige Begründung: „Ein Vergehen der sexuellen Nötigung war dem Beschuldigten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen letzten Sicherheit nachzuweisen.“

Beschuldigte haben sich nicht geäußert

Der Beschuldigte habe sich zum Tatvorwurf nicht geäußert und „die von den Geschädigten geschilderten Taten lassen nicht zwingend den Schluss darauf zu, dass der Beschuldigte Gewalt anwendete“. Oberstaatsanwalt Anton Winkler sagte dazu am Mittwoch: „Die Akte steht mir derzeit nicht zur Verfügung. Die Fakten haben vermutlich damals nicht ausgereicht, um Anklage erheben zu können.“

Zweieinhalb Jahre später brachte eine fast identische Anzeige die Ermittlungen der Münchner ins Rollen, an deren Ende Oliver Shantis Verhaftung in Portugal stand. Mittlerweile werden dem Musik-Produzenten 300 bis 1000 Fälle von Kindesmissbrauch zur Last gelegt. Bei einer Verurteilung drohen Shanti 15 Jahre Gefängnis. nk

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