Erektionsprobleme, Schmerzen: Tabu Sex im Alter
München - Das Buch „Donnerstags im Park“ ist ein Überraschungserfolg. Geschrieben von der unbekannten Autorin Hilary Boyd, thematisiert der Roman Liebe und Sexualität im Alter. In England eroberte es die Bestseller-Listen im Sturm und überholte sogar „Shades of Grey“, bald kommt es auch auf Deutsch. Sex im Alter – das zeigt der Erfolg des Buchs – ist ein großes Thema. Eine, die sich damit auskennt, ist die Münchnerin Hedy Fuchs-Waldherr. Seit zehn Jahren gibt sie in Seminaren Sex-Tipps für Senioren.
AZ-Interview mit Hedy Fuchs-Waldherr: Die 66-Jährige war Unternehmensberaterin, jetzt gibt sie in Seminaren Sex-Tipps für Senioren. Derzeit arbeitet sie an einem Ratgeber zum Thema Sex im Alter.
AZ: Frau Fuchs-Waldherr, warum ist Sex im Alter immer noch ein Tabu?
HEDY FUCHS-WALDHERR: Älteren Menschen wird schlichtweg jedes Lustempfinden abgesprochen. Oma und Opa sollen wandern gehen, Ausstellungen besuchen, sich um die Enkel kümmern, aber bitte keinen Sex mehr haben.
Woher rührt dieses Tabu?
Das hat viele Faktoren. Einer davon ist das Schamgefühl, das immer noch das Thema Sexualität beherrscht, unserer angeblich sexuell aufgeklärten Gesellschaft zum Trotz. Das gilt auch und vor allem beim Sex im Alter. Sie arbeiten seit zehn Jahren als Sexberaterin für Senioren.
Geht die Gesellschaft heute mit Sex im Alter anders um?
Ich würde gerne sagen ja – aber eigentlich ist es immer noch so verheerend wie zu Beginn meiner Tätigkeit.
Haben Sie kein Verständnis für die Menschen, die sagen: Ich bin 66, ich mag einfach keinen Sex mehr?
Verständnis ja. Aber ich bin mir sicher, dass Sexualität zu einer erfüllten Partnerschaft dazu gehört. Das Alter spielt keine Rolle: Nur, weil man 66 ist, ist das Bedürfnis nach Liebe und Zärtlichkeit doch nicht weg. Es ist allenfalls verschüttet. Das gilt aber eher für Frauen. Männer wollen Sex, bis sie eingegraben werden. Und wenn sie ihn zu Hause nicht bekommen, dann gehen sie eben streunen.
Woran hakt es denn beim Sex zuhause?
Es gibt zwei Hauptprobleme: Frauen glauben, nur, weil ihr Busen hängt und ihre Oberschenkel runzlig sind, sind sie nicht mehr begehrenswert. Das ist Quatsch. Trotzdem haken viele Frauen aus diesem Grund das Thema Sex ab.
Und das zweite Problem?
Sind die Männer. Wenn ältere Männer eine Erektion bekommen, neigen sie dazu, zu schnell zum Ziel kommen zu wollen. Sie vergessen, ihre Partnerin zu stimulieren. Frauen, egal welchen Alters, möchten umschmeichelt und verführt werden.
Die Hüfte zwackt, der Rücken schmerzt, selbst die Missionarsstellung ist ein Kraftakt. Was raten Sie Paaren?
Sie haben die Knie vergessen, die schmerzen auch. Ich rate daher zum Sex in Seitenlage. Es gibt keine Stellung, die entspannender ist. Und ich rate zur Gleitcreme. Die macht den Sex in jedem Fall lustvoller.
Und bei Erektionsproblemen?
Viagra ist ein Hilfsmittel, aber nicht auf Dauer. Sex spielt sich im Kopf ab. Wichtig ist, sich entspannt miteinander zu beschäftigen, ohne Druck, dass es heute unbedingt klappen muss. Miteinander schmusen, sich streicheln, miteinander spielen ist auch schön. Und das Tollste daran ist ja: Wir Senioren haben dafür alle Zeit der Welt. Dann legen wir uns halt mal drei Stunden miteinander ins Bett. Das ist doch wunderbar!
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