Erbschafts-Affäre: FDP fordert Graffes Rücktritt
MÜNCHEN - In der Erbschaftsaffäre fordert die Rathaus-FDP jetzt den Rücktritt des Sozialreferenten. Frieder Graffe (SPD) solle sofort zurücktreten, weil er den Stadtrat hinters Licht geführt habe. „Das Vertrauensverhältnis ist zerstört.“
Nachdem immer mehr haarsträubende Fakten über den städtischen Erb-Skandal bekannt werden, fordert FDP-Fraktionschef Michael Mattar den sofortigen Rücktritt des Sozialreferenten Friedrich Graffe (SPD). Wie berichtet hat die Stadt im Februar 2008 ein Erbe angenommen, zu dem nicht nur rund 730 000 Euro in bar, sondern auch die Beteiligung an einer pleite gegangenen Bau- und Boden OHG in Brandenburg gehört. Die Gefahr: Die Stadt könnte als finanzstärkster Miteigentümer an 122 Sozialwohnungen und 12 Gewerbeeinheiten für die Schulden aufkommen, die zuletzt auf 16 Millionen Euro geschätzt wurden. Jetzt wird versucht, nachträglich das faule Erbe einer Münchnerin auszuschlagen.
Am Mittwoch wird dem Stadtrat der Bericht des Revisionsamtes erläutert, über den die AZ bereits berichtete. FDP-Fraktionschef Mattar ging jetzt zornig an die Öffentlichkeit. Er klagt: „Der Stadtrat wurde im Dezember in zwei Sitzungen unvollständig und falsch informiert.“ Wichtige Informationen seien „bewusst vorenthalten worden“. Er habe den Eindruck, dass der Stadtrat „über die höchstproblematische Situation der Erbschaft mit den erheblichen finanziellen Risiken getäuscht werden sollte. Die rechtliche Behandlung der Erbschaft war von mangelnder Kenntnis und unprofessioneller Vorgehensweise geprägt.“
„Der Laden ist unfähig“, meint auch CSU-Fraktionsvize Hans Podiuk: „Von dem Geld, was da im Feuer steht, könnten alle Erzieherinnen besser bezahlt werden.“ Über eine Rücktrittsforderung wird die CSU am Mittwoch entscheiden: Graffe geht nächstes Jahr ohnehin in den Ruhestand.
"Schwere juristische Fehler"
Schwere juristische Fehler wirft CSU-Stadträtin (und Fachanwältin) Evelyne Menges dem Referat vor: „Dieser Fall ist der allergrößte Hammer.“ Die Stadt hätte am Anfang die Haftung bei diesem Erbe auf rund 75 000 Euro (so hoch war die Einlage der Münchnerin) begrenzen können – hat es aber nicht getan. Graffe will erst am Mittwoch Stellung nehmen.
Michael Mattar meint: "Die Stiftungs- bzw. Erbschaftsaffäre hat in fundamentaler Weise eine unprofessionelle Handlungsweise im Sozialreferat offenbart. Heute wissen wir, dass der Stadt in jedem Fall ein Schaden entstehen wird. Die FDP befürwortet weiterhin die im Stadtrat einheitlich getragene Anfechtung der Erbschaft "Kern". Die politische Bewertung, wie die Erbschaft im Sozialreferat behandelt wurde, muss aber nun davon unabhängig erfolgen. Die politische Verantwortung einzufordern, gefährdet in keiner Weise die rechtliche Position der Stadt.
Rechtsberatung der Stadt verbessern
Die FDP-Fraktion fordert den Oberbürgermeister auf, die Rechtsberatung in der Verwaltung neu zu organisieren. Dabei soll sowohl die Einrichtung einer zentralen Rechtsabteilung für alle Rechtsfragen der Stadt geprüft werden als auch die Einrichtung von Kompetenzzentren für einzelne Rechtsbereiche, wie beispielsweise Arbeitsrecht, Grundstücks- und Baurecht, Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht oder Sozialrecht. Diese Kompetenzzentren können verschiedenen Referaten zugeordnet werden, aber zugleich als Dienstleister allen Referaten zur Verfügung stehen.
Willi Bock
- Themen:
- CSU
- FDP
- Hans Podiuk
- SPD