Er schoss mit der Armbrust auf den Nebenbuhler

Ein Mann zielt in Obersendling mit einer Armbrust auf den neuen Freund seiner Frau – nicht mit Absicht, sagt er beim Prozess.
Sophie Anfang |
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Der Angeklagte im Gerichtssaal.
anf Der Angeklagte im Gerichtssaal.

München - Victor S. (41) ist kein Mann der großen Worte, eher einer, der mit den Schultern zuckt und "weiß nicht" sagt. Eines will er jedoch genau wissen: Er habe den neuen Freund seiner Frau nicht erschießen wollen – mit einer Armbrust wohlgemerkt. "Ich habe nicht gezielt", sagt er beim Prozessauftakt und liefert den seiner Meinung nach plausiblen Beweis gleich nach: "Wenn ich treffen möchte, schieße ich niemals daneben."

Er sei eben so aufgewachsen, sagt er. Gibt sich als harten Hund, der als Kind auch eine Kampftechnik erlernt habe, mit der er jeden in Sekunden umbringen könne. Würde er natürlich nie tun, schiebt er nach.

Der Vorsitzende Richter Michael Höhne schaut skeptisch, er tut es öfter an diesem Prozesstag. Mehr noch: "Ich glaube Ihnen Ihre Story nicht", wird er Victor S. später sagen. Zuviel passe für ihn nicht zusammen, macht Höhne deutlich. Es sind in der Tat zwei recht unterschiedliche Schilderungen, die an diesem Prozesstag vom 4. September 2016 erzählt werden. Die erste Version ist die der Staatsanwaltschaft. Sie zeigt Victor S. als einen Mann, der nicht akzeptieren mochte, dass seine Frau Olga nichts mehr von ihm wissen wollte.

Die beiden lebten seit längerem getrennt, Victor S. bei seiner Mutter in Niedersachsen, Olga mit ihrem neuen Lebenspartner in der Boschetsrieder Straße. Ein Gericht hatte S. den Kontakt zu seiner Ex-Partnerin verboten, weil er ihr gegenüber gewalttätig war.

Der Nebenbuhler bekommt einen Streifschuss am Hals ab

Victor wollte seine Frau aber zurück. Am 4. September fuhr er nach Ansicht der Ermittler nach München, mit einer Armbrust und Aluminiumbolzen im Gepäck. Wenn er seine Frau schon nicht zurückhaben konnte, dann müsse sie eben sterben – ihr Partner auch.

Victor S. versteckte sich in einem Gebüsch neben dem Wohnhaus in der Boschetsrieder Straße, er wusste, dass der neue Freund seiner Frau nachts arbeitete, und wollte ihn abpassen. Gegen sieben Uhr früh kam Qais D. tatsächlich heim, weil er seinen Schlüssel vergessen hatte, rief er Olga an.

Noch während des Telefonats trat Victor S. aus dem Gebüsch und feuerte einen Aluminiumbolzen auf D. ab. D. wich aus – er erlitt nur einen Streifschuss am Hals. Außerdem konnte der Angeschossene S. überwältigen, bevor dieser den Aluminiumbolzen erneut in die Armbrust einspannen konnte. Olga, die den Angriff über das Telefon mitbekommen hatte, rief die Polizei, die S. wenig später festnahm.

Armbrust im Angebot statt Gitarre

Die Version, die Victor S. erzählt, ist eine andere. Er habe seine Frau geschlagen, "klar", weil sie ihn "immer genervt" habe. Trotzdem habe Olga ihn immer wieder angerufen, zu ihm zurückgewollt.

Im September sei er auf ihren Wunsch nach München gefahren, um eine Wohnung für sie zu suchen. Er habe dann in München auch mal in einer Zeitung geblättert, aber keine Wohnung gefunden. Die Armbrust habe er einfach so mitgenommen. Sie sei ursprünglich ein Geschenk für seinen Sohn gewesen. "Eigentlich wollte er eine Gitarre, aber die war ausverkauft." Und die Armbrust sei im Angebot gewesen.

Im Busch neben dem Haus sei er gewesen, weil er dort geschlafen habe. Er habe Olga abpassen wollen. Warum er nicht geklingelt habe, fragt der Vorsitzende Richter. Wisse er nicht so genau. Und dann sei eben D. gekommen, mit dem habe er auch nur reden wollen.

Doch D. habe ihn bedroht, auch einen Messergriff will S. in dessen Jacke gesehen haben. Deshalb habe er den Abzug der Armbrust gedrückt. Aber eben nicht gezielt.

Wieder ein skeptischer Blick von Höhne. Warum er dann Handschuhe getragen habe? Und warum er überhaupt eine Armbrust dabei gehabt habe, wenn er doch so ein Kampfkünstler sei? Warum er überhaupt geschossen habe? "Damit er nachdenkt", sagt S. Alles andere wisse er nicht mehr.

Der Prozess wird fortgesetzt.

Lesen Sie hier: Streit über Hundekot: Mann sticht auf Hundebesitzer ein

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