Er entkam den Terroristen: Der israelische Fechter Dan Alon

Beim Olympia-Attentat 1972 in München sterben elf israelische Athleten. Der Fechter Dan Alon hört die Schüsse – und kann fliehen, weil die Kidnapper nicht in sein Appartement eindringen  
Felix Rettberg |
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Beim Olympia-Attentat 1972 in München sterben elf israelische Athleten. Der Fechter Dan Alon hört die Schüsse – und kann fliehen, weil die Kidnapper nicht in sein Appartement eindringen
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Beim Olympia-Attentat 1972 in München sterben elf israelische Athleten. Der Fechter Dan Alon hört die Schüsse – und kann fliehen, weil die Kidnapper nicht in sein Appartement eindringen

München, 1972: Das palästinensische Terrorkommando „Schwarzer September“ greift bei den Olympischen Spielen die israelische Delegation an, elf Athleten sterben. Zwei Sportler ermorden die Terroristen bereits bei ihrem Überfall auf die Unterkünfte der Mannschaft am Morgen des 5. September. Die übrigen lassen bei der missglückten Befreiungsaktion auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck ihr Leben. Der Fechter Dan Alon, damals 27, kann den Terroristen entkommen. Doch die Ereignisse verfolgen den 66-Jährigen bis heute.

AZ: Herr Alon, ist München noch immer die Stadt Ihrer Albträume?

DAN ALON: Nicht München, das Gelände des Olympischen Dorfes wohl schon. Das lässt mich nicht los. Selbst 40 Jahre danach nicht. Das habe ich im Oktober erst wieder gemerkt.

Was ist passiert?

Ich wollte Arik, meinem ältesten Sohn, die Anlage zeigen, das Haus, in dem wir damals untergebracht waren. Plötzlich kam alles in mir wieder hoch: Ich fing an hemmungslos zu weinen, wie ein Baby, konnte gar nicht mehr aufhören. Mein Sohn stand hilflos daneben. Dann hat er meine Frau in Israel angerufen. Erst sie hat es geschafft, mich am Telefon wieder zu beruhigen.

Bis vor wenigen Jahren haben Sie überhaupt nicht darüber gesprochen, was Sie damals erlebt haben. Warum nicht?

Ich fand es nicht angemessen, wollte die Familien der Opfer nicht verletzen. Ich habe bei diesem Attentat ja niemanden verloren, keinen Mann, keinen Sohn, keinen Vater. Warum sollte ich mich in den Mittelpunkt stellen, indem ich darüber spreche? Außerdem habe ich habe mich lange wie ein Feigling gefühlt. Wir fünf, die vier Sportler aus meinem Apartment und ich, konnten ja entkommen. Wir haben nicht gekämpft. Wir haben den Plan verworfen, mit den Sportgewehren der zwei Sportschützen unter uns die Terroristen anzugreifen. Weil wir nicht wussten, wie viele Terroristen es sind, weil wir nicht wollten, dass sie als Reaktion vielleicht sofort noch mehr von unseren Kollegen erschießen. Wir sind geflüchtet. Wir sind keine Helden.

Wie erinnern Sie sich an den Morgen des 5. September, den Tag des Attentats?

Gegen 4.30 Uhr bin ich durch Lärm und Schreie aufgewacht. Ich dachte, eine andere Delegation würde feiern, schlief wieder ein. 20 Minuten später aber feuerten plötzlich Maschinengewehre los. Ich sprang aus dem Bett, mein Zimmergenosse auch, die beiden Sportschützen aus dem Nebenzimmer stürmten aufgeregt zu uns herein.

Wie schnell haben Sie verstanden, was los ist?

Wir schlichen zum Fenster und konnten den Anführer der Terroristen hören, wie er vor dem Haus zu deutschen Polizisten sprach: Er habe Geiseln. Zwei seien schon erschossen. Auf dem Boden vor dem Gebäude konnten wir Trainer Moshe Weinberg erkennen, der dort im Sterben lag, in einer großen Blutlache. Da wussten wir: Wir sind inmitten eines ganz, ganz großen Problems.

Wie konnten Sie fliehen?

Nachdem wir relativ schnell eingesehen hatten, dass ein Angriff von uns sinnlos wäre, zog ich mir meinen Trainingsanzug mit der aufgestickten israelischen Flagge an. Wenn ich an diesem Tag ermordet werden sollte, dann wollte ich als Israeli sterben. Einer der Sportschützen wollte noch seine Zähne putzen und die Hände waschen. Wir haben ihn gelassen. Wenn’s ihm denn hilft, ruhig zu bleiben.

Und dann?

Sind wir sehr langsam, einer nach dem anderen, die knarzende Wendeltruppe hinunter gestiegen. 15 Minuten hat das gedauert. Wir haben noch einen anderen Sportler geweckt, der eine Etage unter uns noch immer ganz tief schlief. Durch das große Terrassenfenster sind wir schließlich rausgerannt, zu den deutschen Polizisten. Als ich an der Reihe war, habe ich mich noch einmal umgesehen, sah einem der Terroristen auf dem Balkon plötzlich direkt in die Augen. Er schoss aber nicht. Vielleicht dachte er: Wir haben schon genug Geiseln.

Die Terroristen hatten gar nicht erst versucht, in Ihr Appartement, die Nr. 2, hineinzukommen.

Ja, unglaublich. Dabei lag es zwischen den anderen beiden Appartements, in die sie gestürmt waren. Sie hätten wissen können, dass wir dort wohnten. Wie bei allen anderen standen unsere Namen an der Tür. Und die Tür war auch noch defekt, sprang bei einem starken Windstoß immer auf. Doch der später ermordete Moshe Weinberg hat es irgendwie geschafft, die Terroristen vorbeizulotsen, sie zu überzeugen, dass dort keine Israelis wohnen, als er gezwungen wurde, sie zu uns allen zu führen. Das hat uns das Leben gerettet.

Wie ging es Ihnen in den Stunden, nachdem Sie entkommen konnten?

Einer der schlimmsten Momente war, als am Abend die Geiseln weggebracht wurden. Da gingen sie ganz nah an uns vorbei. Das wäre für die deutsche Polizei die Gelegenheit gewesen, zuzugreifen, sie zu befreien. Doch nichts geschah. Als sie weg waren, habe ich geschrien. Ich spürte: Das ist das Ende der Geschichte. Lebend werde ich sie nicht wieder sehen.

Sie haben auch einige Stunden danach nicht gewusst, wie es um sie steht.

Gegen Mitternacht hieß es noch: Die Geiseln seien alle befreit worden. Obwohl zwei unserer Sportler ermordet waren, haben wir diese Rettung der anderen gefeiert, mit Champagner drauf angestoßen. Dann erfuhren wir wenige Stunden später plötzlich die Wahrheit: Sie sind tot. Alle.

Die damalige israelische Premierministerin Golda Meir wollte, dass Sie sofort nach Israel zurückkehren.

Zuvor mussten wir aber noch das Gepäck unserer Kollegen zusammenpacken. Das war für mich einer der traumatischsten Momente überhaupt. Dieses Chaos in den Zimmern werde ich nie vergessen: Blut auf dem Boden, Einschusslöcher in der Wand. Dahinter lag unser Zimmer, mein Bett. Und überall auf dem Boden verteilt lag das Spielzeug, das die Ermordeten für ihre Kinder daheim gekauft hatten. Als wir Stunden später auf dem Flughafen in Tel Aviv aus dem Flugzeug stiegen, waren tausende Menschen dort. Es war ganz still.

Wie sind Sie mit dem Erlebten umgegangen?

Die ersten Wochen habe ich mich mit Medikamenten beruhigen können. Aber so wie vor München bin ich nie mehr gewesen. Ich war und bin oft nervös, ständig besorgt. Nach Europa oder in die USA bin ich auch später als Geschäftsmann nie allein gereist, habe unter meinem Bett und in den Schränken nachgesehen, ob sich dort jemand versteckt. Wenn ich in Hotels bin, in denen ich Menschen sehe oder höre, die arabisch aussehen oder Arabisch sprechen, checke ich sofort aus. Ich kann nicht anders. Da bin ich paranoid. Leider. Ich denke immer noch, dass sie hinter mir her sind. Dass sie ihren Job noch nicht erledigt haben.

Die Befreiungsaktion der Geiseln auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck verlief dilettantisch. Wie groß ist Ihr Zorn heute noch?

Auf die deutschen Polizisten bin ich nicht mehr wütend, auch wenn sie ohne Zweifel katastrophal agiert haben. Sie hatten damals noch keine ausreichende Erfahrung mit Terroristen. Wütend aber macht mich bis heute, dass niemand für ausreichende Sicherheit für uns gesorgt hat. Es gab ja schon vorher Anschläge auf israelische Ziele. Doch niemand hat das ernst genommen. Wünsche von Vertretern unserer Delegation nach sicheren Unterkünften wurden einfach ignoriert.

War es richtig, die Spiele damals fortzusetzen?

Ja. Sportler trainieren Jahre lang sehr hart, um diese Medaillen zu gewinnen. Und vielleicht hätten manche bei einem Abbruch der Spiele später doch geflucht: Alles wegen dieser dauernden Probleme mit den Israelis. Außerdem wäre ein Abbruch ein Triumph für die Terroristen gewesen. Ich hätte es gut gefunden, wenn zumindest einige von uns bis zur Abschlussfeier geblieben wären, um dann schon zu zeigen: Bei den nächsten Spielen sind wir wieder dabei.

40 Jahre nach dem Attentat lehnt das IOC ein offizielles Gedenken weiterhin ab, auch bei den Olympischen Spielen in London. Trifft Sie das?

Wir wünschen uns schon seit Jahren, dass man wenigstens einmal der Opfer angemessen gedenkt. Aber offenbar spielt es doch eine Rolle, dass diese Opfer, diese ermordeten Athleten, Israelis waren und sich manche Staaten allein deshalb diesem Wunsch widersetzen. Bedauerlich, dass Politik bei den Olympischen Spielen noch immer eine solche Rolle spielt.

 

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