Entthront: München ist nicht mehr Single-Mekka

Fast 16 Millionen Deutsche leben allein. Das hat das Statistische Bundesamt ermittelt. In München gibt es viele Singles – das Mekka aber liegt woanders.
von  Amina Linke

Fast 16 Millionen Deutsche leben allein. Das hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Besonders in Großstädten wie München gibt es viele Singles – die Single-Hauptstadt aber liegt woanders.

Immer mehr Deutsche leben allein. Sie sind überzeugte Singles, geschieden, verwitwet oder in einer losen Beziehung. Das Alleinleben ist zur modernen Lebensform geworden – egal, in welchem Alter. 2011 lebten bereits 15,9 Millionen Deutsche ohne Partner – Tendenz steigend. Das gab gestern das Statistische Bundesamt mit der Studie „Mikrozensus“ bekannt. Die AZ stellt Ihnen die größte Haushaltsbefragung in Europa vor und zeigt Ihnen, wie Singles in München leben.

Allein einen Haushalt zu führen, zu leben, das war für jede fünfte Person 2011 in Deutschland Realität. In Großstädten gibt es deutlich mehr Singles als auf dem Land oder in Kleinstädten. So wohnen 29 Prozent der Münchner alleine – damit muss die Stadt allerdings ihren lange gepflegten Titel als Single-Hauptstadt an Hannover abtreten: 33 Prozent der über 500000 Hannoveraner leben allein. Es folgen Berlin und Leipzig mit jeweils 31 Prozent Alleinlebenden. Dieses knappe Drittel der Großstadt-Bevölkerung stellt dort mehr als die Hälfte aller Haushalte – in München ist die Zahl von 250000 vor 40 Jahren auf heute mehr als 400000 Haushalte gestiegen. Viele der hier Alleinlebenden sind von Armut betroffen.

Nach den Alleinerziehenden sind Alleinlebende der Haushaltstyp mit der höchsten Armuts-Gefährdungsquote, sagt auch Roderich Egeler, Präsident des Statistischen Bundesamtes. „Die Armuts-Gefährdungsquote war hier 2009 fast doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Bevölkerung.“ Allein 17 Prozent der Alleinlebenden finanzieren sich über Transferzahlungen, also Hartz-IV-Leistungen. Von Renten- oder Pensionszahlungen leben immerhin 13 Prozent.

Alleinlebende Frauen sind häufiger in Führungspositionen als Frauen mit Partnern, sagt Egeler. 2011 hatten gut 17 Prozent der allein lebenden Frauen eine Führungsposition. Der Anteil der Führungskräfte unter den nicht allein lebenden Frauen war mit 13 Prozent geringer. Umgekehrt verhält es sich bei den Männern: Hier sind 21 Prozent der allein lebenden Männer in einer Führungsposition. Bei Männern, die mit anderen Personen in einem Haushalt zusammen wohnen, sind es dagegen ganze 26 Prozent. Vergebene Männer machen also öfter und leichter Karriere als Frauen – egal, ob Single oder nicht. Woran das liegt, konnte der Präsident des Statistischen Bundesamtes allerdings nicht sagen.

Fakt ist aber, dass Männer im jungen Alter häufiger als Frauen einen Ein-Personen-Haushalt führen. „Noch vor 15 Jahren lebten deutlich weniger junge Menschen allein – egal, ob männlich oder weiblich“, so Egeler. „1996 führten nur 17 Prozent einen Ein-Personen-Haushalt.“ Auch das „Hotel Mama“ war mit 30 Prozent damals weniger verbreitet als heute. Stattdessen lebte knapp die Hälfte der jungen Menschen in einer Partnerschaft. Heute hat sich das durch längere Ausbildungszeiten und individualisierte Lebensformen geändert, analysiert Egeler. Dennoch lebten 2011 nur knapp ein Viertel der 18- bis 34-Jährigen allein – viele wohnen noch mit ihren Eltern zusammen. Im Alter leben die meisten dann wieder allein.

Mit zunehmendem Alter vergrößert sich der Unterschied der Alleinlebenden-Quoten von Frauen und Männern schnell: Mit 70 Jahren leben Frauen doppelt so oft allein wie Männer. Mit 80 Jahren sind es mit 56 Prozent schon mehr als die Hälfte der Frauen, bei den Männern sind es lediglich 22 Prozent. Egeler: „Sie wohnen meist in größeren Städten – hier leben immer schon überproportional mehr Menschen allein.“

Als Faustregel gilt: Je größer die Stadt, desto größer die Zahl der Singles. So leben in Großstädten mit mehr als 500 000 Einwohnern knapp 29 Prozent der Bevölkerung allein. „In Orten mit weniger als 5000 Einwohnern sind es dann nur noch etwa 14 Prozent“, so Egeler. Insgesamt werde die Zahl der Alleinlebenden von knapp 16 Millionen noch weiter steigen. Im Jahr 2030 sollen 23 Prozent der Deutschen einen allein leben.

 

 


 

"Perfekte Partner gibt's nicht!"

Noch nicht den Richtigen gefunden? Single-Coach und Buchautor Eric Hegmann weiß, warum.

AZ: Deutschland wird im europäischen Alleinlebenden-Ranking nur noch von Schweden getoppt – 16 Millionen Deutsche sind Singles. Warum?
Eric Hegmann: Zu aller erst: Es gibt die berühmten LATs, so genannte Living apart togethers. Also Singles, die allein in einer Wohnung wohnen, aber sehr wohl einen Lebenspartner haben. Die werden in der Studie des Statistischen Bundesamtes gar nicht abgefragt. Heißt: Die Single-Zahl, die das Statistische Bundesamt jährlich präsentiert, ist zu hoch – Millionen zu hoch. Bei Parship gehen wir von 11,2 Millionen Singles aus. Das ist natürlich immer noch eine ganze Menge.

Woran liegt’s also?
Das ist eine sehr individuelle Frage. Allgemein gesagt entscheiden sich Menschen heute relativ spät für eine Beziehungsform, in der man zusammenzieht. Und sie tun sich auch zunehmend schwerer mit der Verbindlichkeit einer Beziehung. Viele gehen mit großen Erwartungshaltungen und Anforderungen an eine Partnerschaft ran und stellen dann fest, dass eine Beziehung nicht das romantische Ideal ist, wie es die Medien gern abbilden, sondern etwas mit Arbeit zu tun hat.

Die Medien sind also Schuld?
Sie suggerieren zumindest oft beiden Seiten, dass der Partner bester Freund, Vater meiner Kinder, Sportkumpel und auch noch perfekter Liebhaber sein muss...

Ach so, muss das nicht so sein?
Ich denke nein. Wer kann all das schon erfüllen? Das denken aber viele und haben den Anspruch: Ich suche den perfekten Partner, und bis dahin bleibe ich lieber Single. Die Hürde, einen Partner so anzunehmen, wie er ist, ist also höher geworden.

Was also muss man tun, um endlich den Richtigen kennenzulernen?
Der wichtigste Punkt ist zunächst, über Muster zu reden, die nicht funktioniert haben. Eine Suchstrategie, die über fünf Jahre nicht erfolgreich war, wird auch die nächsten fünf Jahre erfolglos bleiben.

 

 

 

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