Entsetzen, Stolz und eine Drohung: So reagiert die Polit-Prominenz in München auf das Stadt-Ergebnis

München - Das große Zittern gehört in München bei Bundestagswahlen dazu. Beim letzten Mal 2021 waren alle Augen den ganzen langen Wahlabend in den Westen gerichtet, wo CSU-Mann Stephan Pilsinger sich am Ende hauchdünn gegen den Grünen Dieter Janecek durchsetzte.
Es wird viel gezittert an diesem Wahlabend. Aus mehreren Gründen
Dieses Mal war es im Münchner Süden am knappsten. Dort hatte die junge Grüne Jamila Schäfer vor vier Jahren sensationell das erste Mal in Bayern überhaupt ein grünes Direktmandat geholt. Am Sonntag nun sah es sehr lange so aus, als könne sie die Sensation wiederholen. Am Ende aber lag Claudia Küng von der CSU vorne. "Das ist natürlich bitter", sagte Grünen-Bürgermeister Dominik Krause am späten Abend der AZ.

Gezittert wurde dieses Mal aber auch aus einem anderen Grund. Aufgrund der Wahlrechtsreform war es erstmals nicht sicher, ob die CSU-Leute, die in München ihren Wahlkreis gewinnen, alle in den Bundestag einziehen würden. Und das Gesamtergebnis der CSU war nicht so gut, dass sich diese Unsicherheit schnell in Luft aufgelöst hätte. CSU-Stadtrat Hans Theiss etwa, für den sich im Münchner Norden schon früh ein klarer Sieg abzeichnete, durfte auch am späten Abend noch nicht feiern.

Grün verliert – aber frohlockt über das Duell mit den Schwarzen
Die gesamte CSU aber konnte auf jeden Fall sehr zufrieden sein, bei einem Plus von etwa fünf Prozent. Dominik Krause sagte im Gespräch mit der AZ, er gratuliere, in München sei die CSU der "klare Wahlsieger". Die Grünen hätten leider verloren, aber ja auch nur etwa zwei Prozent. Bei den Wahlkämpfen in der Stadt würde es sich weiter "um ein Duell zwischen Schwarz und Grün handeln".

Stadt-CSU-Chef Georg Eisenreich zeigte sich sehr glücklich mit dem München-Ergebnis. "Wir sind klar die Nummer 1!", sagte er der AZ. Das Wahlziel sei gewesen, bei den Zweitstimmen stärkste Kraft zu werden und alle Wahlkreise zu gewinnen, das sei gelungen. Eisenreich sagte, dieses Bundestagswahlergebnis sei auch "ein guter Auftakt" für den OB-Wahlkampf von Clemens Baumgärtner. Der tritt wie Krause gegen den amtierenden OB Dieter Reiter von der SPD an.
"Das Ergebnis ist leider nicht überraschend", teilte Reiter am Sonntagabend mit. "Gerade für die SPD als Regierungs- und sogar Kanzlerpartei ist es desaströs." Man müsse "ab sofort und ohne die üblichen Allgemeinplätze nach solchen Ergebnissen intern Klartext reden. Und zwar sowohl was Inhalte, als auch was das Personal betrifft". Auch das Münchner Ergebnis für die SPD nannte Reiter "schlecht". Die Nervosität auch mit Blick auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr ist in der SPD offenbar groß.

"Dafür werde ich sorgen": OB Dieter Reiter kündigt Konsequenzen an
Allgemeinplätze "helfen nicht weiter", sagte OB Reiter. "Bis zur Kommunalwahl 2026 darf und wird es kein Weiter so geben. In keiner Hinsicht – dafür werde ich sorgen!"
SPD-Bürgermeisterin Verena Dietl nahm Bezug auf den Wahlerfolg der Linkspartei. "Das Wahlergebnis der Bundestagswahl zeigt deutlich, dass eine soziale Politik gewünscht wird und mehr in den Fokus gerückt werden muss", sagte sie am späten Abend der AZ. "Die SPD München muss sich hier nicht verstecken, sondern selbstbewusst auch dazu stehen, was sie alles für eine soziale Stadt erreicht hat und erreichen will." Sie sei "zuversichtlich", dass das gelinge.

In den Parteien in München warten nun also wieder mal große Debatten – welche Schlüsse personell und inhaltlich aus diesem Ergebnis zu ziehen sind. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, wie extrem unterschiedlich weiterhin in verschiedenen Bezirken der Stadt gewählt wird.
Als Beispiel sei nur genannt, dass in Feldmoching-Hasenbergl 38 Prozent CSU wählen, 15 Prozent die Grünen und 15 Prozent die AfD – auf der Schwanthalerhöhe aber 18 Prozent die CSU, 7 Prozent die AfD und 31 Prozent die Grünen.
Die Linkspartei konnte mit einem Ergebnis von knapp neun Prozent ein Rekordergebnis einfahren. Sorge macht den demokratischen Parteien der Mitte der münchenweite Aufschwung der AfD, die sich im Vergleich zu 2021 ungefähr verdoppelt hat – und auch jenseits der 8,7 Prozent von der 2017er-Wahl liegt.
Immerhin, andernorts ist es deutlich schlimmer, darauf wies Grünen-Bürgermeister Dominik Krause im Gespräch mit der AZ hin. Er sagte aber auch, dass dieser Anstieg des Rechtsextremismus den anderen Parteien Sorgen machen müsse. "Damit müssen wir uns jetzt alle auseinandersetzen."
Auch OB Dieter Reiter äußerte sich besorgt über die AfD. Deren bundesweites Ergebnis nannte er "unerträglich". Umso wichtiger sei nun, dass Deutschland "hoffentlich von einer stabilen Zweierkoalition" regiert werden kann.